Lieber Patrick,
eine Beurteilung, wie mein Leben aussieht und ob es sozial verträglich ist, überlässt du besser anderen. Kann es sein, dass du immer ein bisschen den Spielverderber raushängen lassen musst und auch keinem was gönnen kannst? Du scheinst meine Beiträge nach Punkten zu durchforsten, die dich auf die Palme bringen. Sonst wäre dir nämlich nicht entgangen, dass die meisten Dinge, die du ansprichst, in meiner Vergangenheit liegen.
Für mich macht es keinen Unterschied, ob ich von der Stütze lebe oder von Geld, das ich für eine Arbeit bekomme, die niemand braucht. Ich hab mich entschieden, die Arbeit zu machen, die ICH brauche und das ist Schreiben. Wie weit mich das bisher gebracht hat, wie schwierig es ist, vom Schreiben zu leben, mit welchen Abstrichen es verbunden ist, wie man sich quält ? davon scheinst du keinerlei Vorstellung zu pflegen. Seinen Beitrag an der Gemeinschaft leistet man eben nicht nur in abgerechneten Arbeitsstunden.
Du hast Recht, Saufen macht SPASS. Bis es eben krankhaft wird, so ist es mit allen Drogen, so ist es auch mit der Manie. Mit Recht bin ich stolz drauf, dass ich mein Trinkverhalten soweit verändern konnte, dass ich immer noch ab und zu SPASS daran haben kann, voll wie eine Strandhaubitze zu sein, ohne dass ich mich dazu gezwungen fühle, was wirklich krankhaft wäre. Natürlich schaukelt sich leicht etwas hoch, ohne dass man es merkt. Aber soll man denn deswegen in ängstlicher Askese verharren, aus lauter Angst, irgendwas könnte außer Kontrolle geraten? Irgendwas kann immer außer Kontrolle geraten, aber doch am wenigsten das, was wir in und auswendig kennen gelernt haben. Ich traue mir durchaus zu, meiner Manie etwas Auslauf zu geben und sie rechtzeitig zurückzupfeifen, d.h. zu erkennen, wenn es krankhaft wird und dann was dagegen zu unternehmen. Ich will mich mit ihr befassen, damit sie vor mir steht und mir nicht immer nur drohend im Nacken sitzt. Ich bin ein friedliebender Mensch, ich will meine Energie lieber darauf verwenden, mit der Krankheit auszukommen, als darauf, einen ewigen Nerven aufreibenden Kampf zu führen, den ich nie gewinnen werde. Auf einem Schlachtfeld bleiben immer nur Tote und Verwundete übrig. Mit Verharmlosung hat das nichts zu tun. Ich habe schon andere Maniker life erlebt, ich weiß, welche Gefahren damit zusammenhängen können, wie bescheuert man sich benehmen kann etc. Ich habe dem vorgesorgt, in dem ich die Menschen, auf die ich im Zweifelsfall hören würde (auch in der Manie, auch mit Kontrollverlust), über meine Krankheit informiert habe und wie sie sich entwickeln kann, gleichzeitig habe ich sie gebeten, einzuschreiten, wenn sie Bedenken haben sollten, ob ich noch verantwortungsvoll handele. Seit letzten Sommer war es noch nicht nötig.
Ich denke nicht, dass mir die Einsicht in meine Krankheit fehlt, sonst würde ich hier sicherlich nicht schreiben, sondern hätte mir längst vom Schneider ein blaues Cape mit einem weißen Pelzrand besorgt, das dann schön im Wind flattern würde, wenn ich dereinst mit meiner Krone und meinem Bonanzarad... herrlich! Das Leben wär ein Tralala!
Du musst die Leute schon selber erwachsen sein lassen.
Her Majesty
Sumosimi