Hi,
ich habe die Broschüre nun ganz durchgelesen. Sie ist sehr informativ und ich glaube, dass alle Bereiche angesprochen worden sind. Schön auch, dass die Familie und vor allem auch die Kinder hier mit angesprochen werden. Natürlich kann man nicht alles berücksichtigen, deshalb soll das Folgende auch keine Kritik im herkömmlichen Sinne sein, sondern eher Überlegungen dazu.
Es ist ja eine Patientenbroschüre und da fehlt mir ein wenig die persönliche Ansprache. Sie könnte auch dadurch erfolgen, dass z.B bei den Erklärungen der Manie, Depression und Mischzuständen, Statements von Betroffenen eingefügt werden, denn oft durch die subjektive Beschreibung der Empfindungen, kann man sich evtl. darin wiederfinden. Auch die Problematik der Angehörigen und Kinder können mit Statements von ihnen angereichert werden.
Bei dem Thema "Selbsthilfe und Trialog" könnte schon hier auf die in Entwicklung befindlichen Peerberater hingewiesen werden, die, z.B. in allen Hamburger psychiatrischen Kliniken vertreten, eine Anlaufstelle sein können, damit bekommt außerdem die, ich nenne sie mal, "Peerbewegung", eine Rückenstärkung. Evtl. habe ich es überlesen, aber der Sozialpsychiatrische Dienst ist ebenfalls eine wichtige Anlaufstelle und sollte Erwähnung finden.
Werden Betroffene mit sehr starken Bedenken gegenüber der Pharmakologischen Behandlung erreicht, durch das Erklären der verschiedenen Medikamentengruppen? Wie gehe ich mit dem Wunsch um, Medikamente abzusetzen? Was ist mit der Angst nun "lebenslang erkankt zu sein"?
Eine Andere Überlegung kam mir bei dem Thema "Ambulante oder stationäre Behandlung" und da direkt bei der Suizidalität.
Da es eine Patientenbroschüre ist, würde es mich ängstigen, dass eine Zwangseinweisung erfolgen kann. Ich stehe dem sehr ambivalent entgegen. Zum einen ist es ja richtig, jemanden vor sich selbst zu schützen und ggf. dann akut eingreifen zu müssen. Es ist sehr gut, dass auf die Patientenverfügung hingewiesen wird.
Aber was ist mit quälenden Suizidgedanken, die eben noch keine konkrete Form angenommen haben. Die Angst, sich da jemanden anzuvertrauen ist, jedenfalls bei mir, groß gewesen. Wie würde der Andere reagieren, kommt es zu einer viel zu schnellen Entscheidung und damit Einweisung in die Klinik? Ich weiß auch noch nicht, wie man damit umgehen kann, damit die Angst, darüber zu reden, aufgehoben werden kann und Hilfsangebote in Anspruch genommen werden können.
Viele Grüße Heike
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Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.
"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).