Hallo,
ich habe mal eine Frage, ist die Bewegung der Anti-Psychiatrie tatsächlich gleich zu setzen mit den Psychiatrie-Erfahrenen?
Kritik zu äußern, über unhaltbare Zustände ist ok, so lange hier nicht verallgemeinert wird, weder in die eine, noch in die andere Richtung. Weder das Leugnen, dass es solche Zustände überhaupt gibt, noch das verteufeln der Psychiatrie bringt uns weiter, nach meiner Meinung.
Wenn das Ziel von Kritik ist, die Zustände zu verbessern, zum Beispiel in den Kliniken, dann ist dies eine gute Sache, wofür auch ich mich einsetze. Ich habe beide Seiten tatsächlich kennen lernen können. Denn nach meiner Ansicht, sollte dieser Ort, wirklich ein Ort der Gesundung sein und nicht ein Ort des Fürchtens. Es kann doch, gerade wenn es chronisch psychische Krankheiten gibt, nicht Sinn sein, jemanden so zu behandeln, dass derjenige mit einem traumatischen Behandlungserlebnis wieder raus geht und sich schwört, nie wieder dort hineingehen zu wollen, egal, wie man selber drauf ist.
Eine Nachsorge, eine Möglichkeit, über diese Erlebnisse zu sprechen und zu bearbeiten, finde ich, gerade für Patienten, die die Geschlossene kennen lernen durften, sehr wichtig. Ich hatte nun erst nach 5 Jahren die Gelegenheit, mit dem Arzt zu sprechen, der damals auf der Geschlossenen dienst gehabt hatte, erst jetzt sind mir einige Dinge klarer geworden und offene Fragen beantwortet, was ich als recht heilsam empfand.
Gruß Heike
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Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.
"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).