Hallo Kary,
ich glaube das kann man nicht so ganz pauschal beantworten. Ich bin generell eher der Typ, welcher offen damit umgeht, um so etwas wie Tabuisierung entgegenzuwirken.
Bei einem Arbeitgeber wurde ich dazu gedrängt, zu sagen, was mit mir los ist. Das fand ich sehr ätzend und von feingefühl fehlte jede Spur. Ich war zu diesem Zeitpunkt hypoman, zwar arbeitsfähig, aber auch verhaltensauffällig.
Deswegen dann auch den Gang zum Personalbüro. Man hat danach versucht etwas passenderes zu finden innerhalb des Betriebs und ich musste auch 2x zum Betriebsarzt, aber letztlich hat sich nix geändert, habe meine alte Stelle behalten und bin weiter auf Schicht gegangen, obwohl der Betriebsarzt eine eindeutige Empfehlung zur Tagschicht aussprach.
Ich hatte in diesem Betrieb nicht direkt Nachteile, dadurch das meine Chefs und wohl auch andere über meine BS bescheid wussten. Aber bin auf Unverständnis gestoßen. Ich finde, dass die meiste Leute nur sehr schwer mit psychischen Krankheiten umgehen können. Naja, wenigstens wurde ich nicht gemobbt oder sonst was. Aber es kam auch nie jemand und hat mal genau gefragt, was ist das, was Du da hast. Dann wäre ein konstruktives Gespräch und auch Verständnis für eventuelles abnormes Verhalten der Fall gewesen.
Bei meinem jetzigen Arbeitgeber (bei welchem ich zum 2. angefangen habe zu arbeiten) lief es irgendwie anders.
Es ist ein Familienbetrieb mit ca 50 Mitarbeitern und meine Chefs wissen bescheid und die meisten meiner Arbeitskollegen auch. Meine Chefs sind sehr sozial eingestellt und haben ein sehr großes Herz bzw. Verständnis. Als ich damals gekündigt hatte, hat der Seniorchef gemeint, dass er schon viele hat kommen und gehen sehen und bei vielen war es ihm egal, aber dass ich ginge, dass fand er sehr schade und es war ihm nicht egal.
Bei meinen Arbeitskollegen wissen es auch die meisten, der ein oder andere spricht oder sprach es auch mal an und ich gebe da auch gerne Auskunft wie sich das Ganze so verhält. Natürlich kann ich mir denken, dass man auch mal mit vorgehaltener Hand hinter meinem Rücken vielleicht den ein oder anderen Kommentar abgibt, der nicht so toll ist. Aber ich glaube ganz gehässig wird da nur sehr selten gesprochen, weil ich einfach voll integriert bin und mich meine Arbeitskollegen schätzen.
Ich habe jedenfalls das Gefühl, dass es in dieser Firma besser ist, dass sie Bescheid wissen.
Kann mir aber natürlich vorstellen, dass man ganz schnell benachteiligt wird und man sich lächerlich macht. Gibt halt immer Arschlöcher die sehr negativ über Menschen reden, welcher mal in der "Klapse" waren. Falls man auf solche trifft, hilft nur klares argumentieren und sich nicht triggern lassen.
Wenn man aber in einer schweren Phase ist, dann ist es nicht zu verbergen und dann würde ich auch, aber erst im Nachhinein mit der Sprache rausrücken, aber auch nur bei den Personen, wo Du ein sehr gutes Gefühl dabei hast. Ok, bei den Chefs ist dann sowas wie Aufklärungsarbeit angesagt.
Mein Credo bei all dem ist immer: Ehrlich währt am längsten. ;-)
LG Lomming
männlich, *1979
BS seit 1997, diagnostiziert 2002
z.Zt. (26.08.20) -300mg Elontril
-100mg Quetiapin (wird noch sukzessive aufdosiert)
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Nur die Phantasielos'n flücht'n in die Realität (Arno Schmidt)