Re: Mein bipolarer Freund

08. 08. 2019 23:46
Hallo LaNera,

bei mir läuft die Depression auch nicht immer gleich ab. Und manchmal ist die Depression auch nicht so tief und dann sind durchaus auch manchmal Aktivitäten oder Gemeinschaft möglich. Aber manchmal ist die Depression auch sehr tief, dann spreche ich immer von einer lebenden Leiche, ich bin rein körperlich noch da, aber an mein Gefühl komme ich nicht mehr ran.

Es kann tatsächlich sein, dass man dann "Liebe" nicht mehr spürt, aber auch nicht sagen kann, was man denn eigentlich fühlt. Und wie ich schon schrieb, oftmals mag ich mich so den Menschen auch nicht zumuten oder aber ich kann es nicht ertragen zu sehen, wie hilflos die anderen sind. Ich fühle mich dann auch schuldig, denke ohne mich, wären sie besser dran etc. pp.

Für jeden Angehörigen muss es eine schwierige Zeit sein, die sich ebenso endlos hinzieht, wie für den Betroffenen die Zeit auch. Deshalb ist es wichtig, dass der Angehörige für sich sorgt. Für mich wäre es sogar gut, wenn ich weiß, der andere oder die anderen Personen leben ihr Leben weiter und sind nicht von meiner Laune oder meinem "Nichtkönnen" abhängig. Aber mir tut es ebenso gut zu wissen, dass sie an mich immer mal wieder denken und sie da sind, wenn ich es zulassen kann, dass ich immer noch wichtig für sie bin ohne dass sie mich deshalb unter Druck setzen.

Um mal auch die Ambivalenz in einer Depression sichtbar zu machen, hier mal meiner Erfahrung, nur mit dem Telefon: "Scheiße, das Telefon klingelt, bitte, bitte höre auf, ich will nicht, ich hasse es, lasst mich doch endlich alle in Ruhe" ..."Das Telefon klingelt gar nicht mehr, sie haben mich aufgegeben, sie haben mich vergessen, ich bin allein".

Die Kontaktversuche sind manchmal für mich schwer zu ertragen und doch, wenn sie so sind, dass sie nichts fordern und nicht zu häufig sind und mir nur mitteilen, "wir denken an dich, du bist uns wichtig", ist das eine gute Stütze in dieser Zeit. Ich habe mal eine Karte bekommen, von meinen damaligen ArbeitskollegInnen, ich habe vor "Glück" und "Trauer" gleichzeitig geweint. Sie war wichtig und brachte mich zum Durchhalten.

Viele Grüße Heike

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Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.

"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 08.08.19 23:53.
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Mein bipolarer Freund

La Nera 1814 06. 08. 2019 10:16

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Heike 572 06. 08. 2019 10:53

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La Nera 503 06. 08. 2019 21:40

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Friday 511 07. 08. 2019 11:42

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La Nera 458 08. 08. 2019 21:49

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La Nera 618 11. 08. 2019 17:42



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