Jetzt finde ich endlich Zeit, hier noch einmal etwas länger zu schreiben...
Nach dem Hilferuf meiner Eltern, dem ersten Beitrag hier, vielen, vielen Infos, die ich mir selbst zusammen gesucht habe, war ich erstmal wie erschlagen. Ich habe ein paar Tage gebraucht, um zumindest ein wenig zu begreifen. Und dann habe ich nochmal ein paar Tage gebraucht, um einen gesunden Abstand zu gewinnen.
Was ist seitdem passiert?
Es gab einige Notbeschlüsse, die finanzielle Schieflage meines Bruders ist noch immer nicht überschaubar, die Wohnung nicht mehr zu gebrauchen. Laut Arzt war die Wohnung am Ende so verhasst, dass mein Bruder sie zerstören und verwahrlosen lassen musste. Ich denke, da auch noch Mietzahlungen ausstehen, wird sie nicht haltbar sein...
Ich habe ein sehr intensives Gespräch mit meinem Vater geführt und dabei vieles erfahren, dass für mich neu war.
Es ist bereits die dritte Wohnung, die mein Bruder so hinterlässt. Wobei es diesmal die schlimmste "Zerstörung" ist. Meine Eltern haben den ersten Fall darauf zurückgeführt, dass mein Bruder im Studium ( weiter weg von daheim ) total versumpft ist. Irgendwie haben sie es wieder so in den Griff bekommen, dass er an ihrem Wohnort ein neues Studium beginnen konnte, dann der zweite Fall mit Zwangseinweisung und Diagnose 2005. Und nun der aktuelle Fall.
Und wisst ihr, was für mich gerade so schockierend ist? Ich habe so vieles nicht bemerkt. Ich hätte nie ein super Verhältnis zu meinem Bruder. Wir gingen nie auf die gleiche Schule, hatten keinen gemeinsamen Freundeskreis. Haben selten bis gar nicht telefoniert. Ich war weg von daheim und - ehrlich gesagt - habe ich mich wenig für seinen Werdegang interessiert und er sich nicht für meinen. Und meine Eltern? Haben mir wenig bis nichts erzählt. Man redet ja nicht darüber... Bis jetzt zumindest. Sie können nicht mehr, brauchen selbst Hilfe.
Ich mache meinen Eltern keinen Vorwurf, sie wollten mich hauptsächlich schützen. Auch meinem Bruder nicht. Logisch, dass er nicht in meine scheinbar heile Welt platzt und mir von seiner Krankheit erzählt.
Aber mir mache ich Vorwürfe. Hätte ich mich mehr interessieren müssen? Mehr nachfragen... Hätte ich viel eher etwas merken müssen? Hätte ich mehr "da sein" müssen?
Ich lese hier weiter und versuche zu "verstehen", auch wenn das wahrscheinlich schwer ist. Und ich berichte weiter... Danke fürs Zuhören!
Petra