Liebe Viktoria,
Mir ergeht es ähnlich. Ich lebe von Tag zu Tag, und jeden Abend könnte ich sagen: ...wieder mal 'nen Tag verschenkt. Leide seit 9 Jahren an MD, und trotzdem dass sich mein Zustand über all die Jahre hinweg gebessert hat, geht es mir doch sehr schlecht. Seit 3 Jahren arbeite ich beim Naturhistorischen Museum, bin jeden Tag zeitig zur Arbeit da und vertrage die Arbeit auch ziemlich gut. Nur Freunde habe ich (fast) keine, von einer Freundin ganz zu schweigen. Denn mein Leben verläuft in Bahnen: Ich stehe morgens auf, arbeite meine 8 Stunden, gehe nach Hause (ich wohne bei meinen Eltern) und vertreibe mir jeden Abend mit Musikhören und Fernsehgucken.Es kotzt mich schon an. An Rausgehen ist nicht zu denken. Mein Vater verbietet mir das, weil ich in den vorigen Jahren mehrfach sein Vertrauen missbraucht habe und oft betrunken nach Hause gekommen bin. Das Wochenende verläuft ähnlich: mein Vater geht Freitags- und Samstagsabend mit mir Essen und das war's auch schon. Auf diesem Wege lerne ich nie eine Freundin kennen, und das weiss ich auch. Andererseits rede ich mir ein, dass ich wegen meiner Krankheit eh keine finden würde. Aber es gibt schon Tage, an denen ich mich nach Zärtlichkeit und Geborgenheit sehne oder zumindest jemanden haben möchte, um über Probleme zu quatschen. Jeder Mensch hat dieses Bedürfnis. Bin nicht mal auf Sex aus. Meine Eltern kontrollieren mein ganzes Leben, schlimmer als jeder Erzieher. Sogar Telefonate und meine Post werden überwacht. Ich weiss echt nicht mehr weiter und frage mich, wie lang ich dieses Leben noch aushalte. Bin ziemlich depressiv momentan, doch selbst weinen kann ich nicht. Du siehst, Viktoria, es ergeht dir nicht alleine so. Wünsche dir trotzdem alles Gute und würde dir auch sehr gerne helfen, wenn ich könnte, aber leider muss ich mir selber helfen.