Hallo Dominik,
ich habe sehr positive, sehr negative und wahnsinnig schmerzhafte Phasen in der Analyse durchgemacht. Die Sitzungen waren 1x in der Woche, das letzte halbe Jahr allerdings 2x/Woche. Die Analyse hat mir insofern geholfen, daß ich (so kommts mir vor) alles, was mich außer der Erkrankung MD aus dem Weg geschafft habe, und zum Schluß nur noch der Gang zum Psychiater blieb, da der Analytiker bei einer manifestierten psychischen Erkrankung natürlich genauso wenig tun kann wíe ein anderer Psychotherapeut. Ich habe Erlebnisse aufgearbeitet, von denen ich nie dachte daß sie überhaupt noch wichtig für mich wären. Hatte Gefühlsausbrüche (hätte ich nie gedacht), liebte und hasste meinen Analytiker.
Die Analyse ist erschreckend und doch sehr hilfreich. Früher lief ich umher mit einem riesigen Pack an Sachen die mich belasteten UND der MDK, von der keiner wußte. Jetzt habe ich den größten Teil aufgearbeitet, das heißt ich muß nicht mehr daran denken und es belastet mich nicht mehr. Jetzt muß ich mich nur noch mit mir selbst und meiner Krankheit auseinandersetzen, und nicht mehr mit dem ganzen anderen "Scheiß" den ich mitgeschleppt habe.
Meiner Meinung nach ist die Analyse die effektivste und am längsten anhaltende Methode der Therapie. Aber auch die schmerzhafteste und die intensivste, auf die man sich einlassen kann. Und einlassen muß man sich voll und ganz darauf, sonst geht nichts. Das Wichtigste, wie bei allen Psychotherapeuten, ist, daß man ihm oder ihr vertraut. Deshalb sollte man sich mindestens mal 10 im Erstgespräch anschauen, bevor man sich entscheidet - ich meine die Person die so tiefe Einschnitte in der Seele vornimmt, gehört schon gut ausgesucht... eine offene Operation am Herzen lässt man sich ja auch nicht von jedem Wald- und Wiesenarzt machen.
Also Fazit: Mir hat die Analyse sehr geholfen und ich bin froh um die 2 Jahre die ich dafür aufgewendet habe (eine Analyse macht man nämlich nicht nebenbei, sie greift direkt ins Leben ein).
Zur Behandlung der Grunderkrankung kann meiner Auffassung nach nur ein Psychiater helfen, aber man kann sich das Leben schon um Einiges erleichtern...
> Hallo Ambivalenzia,
>
> was mich interessiert, ist der Umstand, dass Du Psychoanalyse
> gemacht hast. Ich kenne aus eigener Erfahrung nur die
> Verhaltenstherapie (sowohl in der Klinik als auch ambulant),
> habe selbst positive Erfahrungen damit gemacht und hatte bisher
> den Eindruck, dass man bei depressiven Erkrankungen eher auf
> verhaltenstherapeutische Methoden setzt (was aber auch ein
> Spezifikum der hiesigen Universitätsklinik sein kann).
>
> Was war bei Dir ausschlaggebend für eine Psychoanalyse? Hast Du
> gute Erfahrungen gemacht? Mir sind Fälle bekannt, in denen die
> Patienten durch die Erkenntnisse der Analyse zunächst emotional
> hochgradig verunsichert wurden. Man muss es natürlich erst
> einmal verkraften, wenn man in der Analyse auf Zusammenhänge
> gestoßen wird, an die man im Leben nicht gedacht hätte. An der
> Verhaltenstherapie hat mir gefallen, dass es ein
> vergleichsweise effizientes Verfahren ist (dadurch natürlich
> auch anstrengend), das auf kontinuierliche Lernerfahrungen
> abhebt und unmittelbare Veränderungen in der Wahrnehmung bzw.
> im Verhalten bewirken soll. Demgegenüber steht bei der Analyse
> wohl eher der Erkenntnisaspekt im Vordergrund. Wie hast Du dies
> wahrgenommen?
>
> Viele Grüße
> Dominik