Liebe Sun,
tatsächlich ist es ja so, dass für jeden Betroffenen erst mal die Personen in seinem direkten Umfeld wichtig sind. Man kann sie aber nicht alle mit zum Arzt nehmen, so dass er sie aufklären kann. Also versucht man, so gut es geht, demjenigen die Krankheit und die Auswirkungen dieser einschließlich der Medikamente zu erklären. Trotzdem versehens viele nicht wirklich. Wäre die Öffentlichkeit aufgeklärt, wie z.B. über HIV, dann bräuchte man sich keine Gedanken mehr machen, wem sag ichs und wem nicht, wo hört der engste Bekanntenkreis auf und fängt der weitere an? Außerdem haben viele den Wunsch, dass es dann im Beruf leichter wäre. Aber ich denke, die Menschen, die noch nie in ihrem Leben psychische Probleme hatten, können nicht wissen, was es bedeutet depressiv oder gar manisch zu sein. Es ist auch tatsächlich schwer, sich das vorzustellen. Sogar ich habe manchmal Probleme, mich in jemanden mit einer ausgeprägten Manie hereinzuversetzen. Bei mir steht die Depri im Vordergrund und ich bin nur gelegentlich leicht manisch. Aber wenn ich lese, dass jemand während der Manien seinen Partner betrügt, fällt es mir auch schwer, mich da richtig reinzuversetzen und nicht zu sagen, Mensch, das hätts doch nicht gebraucht. Wie soll es dann jemand können, der noch nie auch nur ein bisschen manisch war? Ich denke, wir verlangen da zu viel von der Gesellschaft. Allerdings können wir erwarten, dass diese Leute sich sagen, ok Psychopharmaka sind genau so notwendig wie andere Arzneien auch und ein Herzkranker, der regelmäßig sein Markomar zur Blutverdünnung bekommt, ist davon auch nicht im herkömmlichen Sinne abhängig, obwohl er in recht große Gefahr käme, wenn er es plötzlich nicht mehr bekäme.
Ohje, aber in fünf minunten muss ich los, mein kleines Stinktierchen aus der Musikschule holen
lg
barbara