So ganz allein, bin ich nicht, denn zur Zeit
wohne ich bei meinem 77-jährigen Vater.
Aber der lebt ja nicht ewig.
Und irgendwie muss ich ja wieder selbständig
werden.
Allerdings ist mein momentanes Leben viel
einsamer als in der Familie.
Bin nun 50 und finde es sehr, sehr schwer,
noch so etwas wie einen positiven Sinn im
Leben zu finden.
18 Jahre war ich verheiratet, habe mit Mann und
der mittlerweile 16-jährigen Tochter in Italien
gelebt. Dann in der Manie nicht die erste
unangekündigte Flucht, die mit einem Totalschaden
am Auto und der Einweisung in die dortige
Klapse endete. 4 Monate dort, dann Überführung
in die italienische Klapse, wo ich noch einen
weiteren Monat blieb.
Meine Familie hat mich immer gut behandelt, aber
2001 habe ich wohl das Fass zum Überlaufen
gebracht. Mein Vater kam mich besuchen und
da mein Mann im Gespräch mit dem Psychiater meine
Wiederaufnahme in die Familie ablehnte, nahm mich
mein Vater mit nach Deutschland.
Das werfe ich ihm heute noch vor.
Leider sind meine Eltern immer sehr überbehütend
gewesen. Meine Mutter ist 1999 gestorben,
meine Schester Jahre früher, fast eine ganze
Familie ausradiert.
Alles ging in Italien verloren, mein Mann sorgte für die
Löschung meiner Steuernummer, 10 Jahre war ich
dort selbständig als Übersetzerin.
Hab gut verdient, wenn auch durch die Manien
das meiste verloren ging.
Und nun stehe ich hier ohne ein Hemd an Leib,
fast alle Sachen sind in Italien geblieben,
meine Versöhnungsversuche stiessen auf Granit,
die Trennung per Anwalt und Gericht läuft.
Mir fehlt ein eigenes Ambiente mit sozialen
Kontakten.
Meine Tochter macht mir meine Krankheit sehr
zum Vorwurf.
Mein Mann hatte zwar vorgeschlagen, "Freunde"
zu bleiben, aber er kommt nicht einmal ans
Telefon.
Hier habe ich weder Krankenkasse noch Arbeit
und gehe so gut wie noch nie aus dem Haus.
Liege meinem Vater total auf der Tasche und
für seinen ständigen Einsatz erntet er auch
noch meinen Unmut.
Bin neuerdings wenigstens wieder mehr im Internet in Foren und auch mit Bewerbungen und versuche, ob ich hier irgendwie wieder freiberuflich
als Übersetzerin arbeiten kann.
Ich lobe eben Italien über alles und lasse kein gutes
Haar an Deutschland.
Irgendwie raffe ich nicht, dass diese Zeit der
Vergangenheit angehört.
Die Tatsache, ohne Familie und Freunde vor
Ort zu sein, lässt meine jetzige Depression hartnäckig
schon seit 2 Jahren fortbestehen.
Mein Vater zieht in ca. 2 Jahren in betreutes Wohnen und die Zeit galloppiert mir davon. Ich will nicht mit und er hat noch eine Wohnung, in die ich ziehen und alleine leben könnte. Aber so einige aus dem hiesigen Umfeld trauen mir das nicht zu. Furchtbar, vorher hab ich das doch auch geschafft.
Ich würde gerne andere fragen, die in Trennung oder Scheidung leben. Wie habt ihr es geschafft,
damit fertig zu werden?
Einerseits hab ich jetzt ein neues AD zusätzlich zum Lithium bekommen und schlafe besser durch. Andrerseits habe ich eine ganze Weile morgens wenigstens das Frühstück gemacht und warte nun jeden Tag, bis mein Vater das getan hat.
Einkaufen macht auch er, das ist mir moentan total zuwider.
Essen macht er oft, manchmal ringe ich mich dazu durch.
Ich gehe in den letzten paar Wochen auch fast gar nicht mehr vor die Tür.
Ein richtiger Anlass besteht ja auch nicht, aber Bewegung und frische Luft fehlen mir ganz.
So führe ich einen Papierkrieg mit Krankenkassen und
Beratungsstellen, surfe oder chatte, aber stehe nicht
im wahren Leben.
Hab jetzt versucht, mich wenigstens ehrenamtlich als Übersetzerin anzubieten. Mal sehen.
Aber geht es anderen getrennt Lebenden nicht auch so, einen grossen Horror vor Ostern, Weihnachten und anderen Festen zu bekommen, in denen Familien und Freunde traut vereint sind? Für mich sind solche Anlässe zur Zeit ein einziges Trauerspiel.
Würde mich freuen, von jemanden zu hören, welche
Vorteile denn ein Singleleben haben könnte.
Viele Grüsse an alle
Sigrid
