Erklärungsversuch Depression : Plausibel ?

30. 10. 2002 16:39
Hallo Leute,

ich würde gern eure Einschätzung zu einem Erklärungsversuch meinerseits hören. Er betrifft die besonderen Umstände von Depressionen. Dies halte ich deshalb für wichtig, weil es mir immer wieder schwer fällt, mein falsches SOZIALES Verhalten (also lediglich einem Ausschnitt aus dem ganzen Verhalten) mit einer Stoffwechselerkrankung des GANZEN Gehirns zu erläutern. Das macht mich nämlich echt fuchsig und in der Fachliteratur konnte ich keine rechte Erklärung dazu finden.

Vielleicht ist der folgende Erklärungsversuch aber auch zu einfach. Haltet Ihr ihn für plausibel ?

Eine Depression wird erwiesenermaßen physiologisch durch einen Mangel an bestimmten Neurotransmittern (hauptsächlich wohl Serotonin und/oder Noradrenalin (Was denn hiervon eigentlich genau oder ist das individuell unterschiedlich?)) ausgelößt.

Dieser Mangel besteht übrigens um ebenfalls einem möglichen und gängigen Vorurteil vorzubeugen nicht im Blut (oder weiß jemand ob auch dieser schwankt) sondern primär im Synapsenspalt, wo er einfachen physikalischen Meßmethoden nicht zugänglich ist.

Das dies zuvor geäußerte so ist, läßt sich leicht einsehen. Ein selektiver Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) wie z.B. Citalopram (was wirklich fast ausschließlich das Serotonin hemmt) hat nämlich als einzige Wirkungsweise, die, das Serotonin im Synapsenspalt zu belaßen. Dadurch wird eine Nervenimpulsleitung im ansonsten krankhaft an Neurotransmittern verarmten Synapsenspalt WIEDER möglich.

Ich betone das wieder, da es ebenfalls einem gängigen Laien-Vorurteil entgegen zu wirken gilt, das Antidepressiva in die Nähe von Drogen wie z.B. Stimulantien (LSD, Heroin o.ä.) stellt, was

a) sachlich falsch ist (sei es drum)
b) aber äußerst gefährlich ist, weil ja gerade seit Lithium und Carba etc. die einzige Restgefahr der MD-Krankheit im Ablehnen medikamentöser Behandlung besteht und daher jeder Vergleich von diesen Lebensrettenden Medikamenten mit zu recht geächteten Suchtmitteln gewissermaßen schon ein potentiell tätlicher Angriff auf das Leben eines noch uneinsichtigen MD-Kranken ist.

Zurück zum Thema : Da der SSRI als Tablette eingenommen wird, wirkt er durch das Blut auf alle Nerven (relativ) gleichmäßig. Subjektiv wird dies aber als eine ganz komplexe Änderung äusserst unterschiedlicher Denkmuster erlebt.

Es läßt sich die Frage stellen, warum nur einige Nervenfunktionen durch den Serotonin-Mangel betroffen sind, andere offensichtlich aber nicht. So ist beim Depressiven die Sinneswahrnehmung oder als noch besseres Beispiel die Bewegungssteuerung nicht oder nur unmerklich eingeschränkt. Die Motivation zur Bewegung hingegen kann äußerst eingeschränkt sein. Ich wette, daß ein Depressiver die 100m nahezu genauso schnell läuft, wie bei gleichem Trainingsstand in normalem Zustand. Für die 3 km Distanz gilt dies vermutlich schon nicht mehr in vollem Umfang. Bei der Marathondistanz dürfte i.A. die fehlende Motivation selbst bei relativ gutem Trainingsstand schon ein Ankommen verhindern.

Warum sind also nur einige Nervenfunktionen betroffen und nicht alle gleichmäßig ? Hier mein Erklärungsversuch : Die Leitfähigkeit von Synapsenverbindungen sind trainierbar. Das ist das, was z.B. beim Lernen abläuft. Je öfter man eine Vokabel lernt, desto besser behält man sie im Gedächtnis. Je öfter eine Synapse einen Puls leitet um so stabiler wird die Verbindung zu der nachfolgenden Nervenzelle. Nervenverbindungen der Sinnes- oder Bewegungszellen werden quasi fast dauerhaft benutzt. Beim Auge 50 mal/sec. Beim Oberschenkelmuskel 5-10 mal/sec. Sie sind stark und dadurch kaum anfällig für Serotoninmangel. Ein bestimmter Gedanke hingegen z.B. das Durchdenken des letzten Schrittes einer langen Folgerungskette kommt warscheinlich nur ein bis zehn mal im ganzen Leben vor - die Verbindung ist schwach. Ein Serotoninmangel läßt das Erinnern dieser hohen Funktionen in der Depression nicht zu.

Der Körper ist evtl. nur in der Lage eine gewisse Menge an Neurotransmittern pro Zeiteinheit zu produzieren. In einer Manie würden dann mehr Neurotransmitter verbraucht werden, als produziert und irgendwann sind die Reservoires alle. Es kommt zum Umschwung in die Depression.

Dieser Neurotransmitter Mangel hat dann wie erläutert am meisten Einfluß auf die hohen Gehrinfunktionen, die ja am seltesten erreicht und daher trainiert werden.

Ich hab mal gelesen, daß die Fähigkeit zur Selbstkritik dem Depressiven als erstes abhanden kommt. Ich hoffe ich werde nicht für zu Zynisch gehalten, diesen Satz nach dieser meiner These so stehen zu lassen.

Haltet ihr eine solch unspezifische Ursache, wie einen allgemeinen Serotoninmangel für möglich oder glaubt ihr, daß Depressionen eher ein Problem gewisser Gehirnbezirke ist und damit eine komplexere Struktur aufweißt?

Wurde die These schon diskutiert oder gibt es irgendwo ähnliche Quellen?

Gibt es sonst wissenschaftliche Erklärungsmodelle und -versuche?

Wie sind eure praktischen Erfahrungen mit dem sich Vorbereiten auf Depressionen ? Gibt es Empfehlungen, was vor Depressionen am besten trainiert werden sollte, um ihre Folgen (nicht die Depri selber) abzumindern.

Ich hoffe, ich konnte zu spannenden Antworten anregen.

Alles Liebe und viel Spaß damit,

PlanPlus
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Erklärungsversuch Depression : Plausibel ?

PlanPlus 480 30. 10. 2002 16:39

Re: Erklärungsversuch Depression : Plausibel ?

Matthias 211 30. 10. 2002 17:32

Re: Erklärungsversuch Depression : Plausibel ?

Matthias 216 30. 10. 2002 17:45



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