Liebe Eva-Maria,

Du fragst:
hast du das mal mit deinem Mann thematisiert, wie sehr dein Schwiegervater sein Selbstbewußtsein untergraben hat? Hast du ihm da mal so richtig von Herzen dein Mitgefühl entgegengebracht und so richtig zu zweit über ihn geschimpft.

Ja und nein. Zum einen habe ich meinem Mann ganz oft gesagt wie grausam ich es finde, wenn ein Vater so mit seinem Sohn umgeht und daß sein weniges Selbstbewußtsein damit zu tun haben könnte. Das hat seine Therapeutin übrigens auch ganz genau mit ihm durchgekaut, danach ist er leider nicht mehr hingegangen.
Wir haben viel über seine Eltern und seine Kindheit gesprochen, ich denke ich habe ihm sehr viel Mitgefühl und Verständnis gegeben, habe aber auch versucht ihm klar zu machen, daß es das Leben nicht wert ist, sich weiter damit verrückt zu machen. Oder habe ihm gesagt, daß ich auch keine super Kindheit hatte und auch nicht das super Selbstbewußtsein habe, doch daß ich jetzt leben möchte und jetzt fröhlich sein möchte und eben nichts davon habe, wenn ich mich ständig mit der Vergangenheit quäle bzw. einen Schuldigen für Unglück suche.
Damit hatte ich dann meist schon zu viel gesagt und ihn nicht genug bestätigt. So zog er sich schnell zurück.
Auch Roberts Verwandschaft versuchte erst vor kurzem auf einer Feier Robert davon zu überzeugen, daß er doch wenigstens mit seinem Vater reden solle, sein Vater würde darunter leiden. Sie sagten ihm, er würde sich danach bestimmt besser fühlen. Doch er tat es nicht. Der Schwager, der mit der sogen. heimlichen Privattherapie, der schaffte es angeblich vor etwa 6 Wochen.
Klar habe ich mit meinem Mann gemeinsam über seinen Vater geschimpft, er ist ein wirkliches Ekel. Säuft, behandelt seine Frau wiederlich, ist total primitiv. Doch ich denke, Roberts Mutter, die er stark idealisiert(lieb, ruhig, gibt ihr letztes Hemd) hat in seiner Kindheit einiges falsch gemacht. Obwohl ich sehr vorsichtig bin mit so einer Anschuldigung, denn es ist als Mutter wirklich nicht leicht alles richtig zu machen, das schafft wohl niemand.
>>...und ich diejenige, die drüber froh sein muß, dass sie einen Mann gekriegt hat.<< Das meine ich, so spricht mein Mann auch andauernd. Daß er mich nicht verdient hat, daß ich jeden haben könnte..usw. wenn ich dann sage, daß ich nur ihn möchte, mich in ihn verliebt habe und mit ihm alt werden möchte und daran glaube, dann ist es wieder eine Weile gut. Nur weißt Du Eva-Maria, es ist wirklich so wie Du sagst, irgendwann sollte es der Partner doch mal begriffen haben, daß man ihn eben liebt. Da will ich doch nicht immer wieder drumherum diskutieren. Ich liebe meinen Mann wie er ist. Punkt. aus. basta. So und dann möchti ich leben. Eben schöne Dinge tun, über anderes reden.
Nein, sein weniges Selbstbewußtsein fordert immer neue Liebesbeweise, immer neue Liebesschwüre. Das ist schon sehr anstrengend, aber ich hab´s immer brav mitgemacht und nicht gemerkt, daß ich dabei selber Federn, spich Kraft gelassen habe.
Verstehst Du ein bisschen, wie es vielleicht auch Deinem Mann geht, wenn Du immer nur von ihm forderst, statt Dich mal auf Dich zu verlassen. Du wirst das schon machen.
"Der einzige Mensch, auf den Du Dich wirklich verlassen kannst bist Du selbst" ich glaube das hat M.A. mal im Forum geschrieben. Das hat mich sehr erschüttert, nachdenklich gemacht. Ich bin eher romantisch eingestellt und falle lieber wieder auf die Nase, indem ich einem Menschen blind vertraue. Aber sein doch mal ehrlich, schau Dir doch mal die alten ewig verheirateten Ehepaare an, die haben es einfach getan: immer wieder vertraut. Einfach so. Und ganz oft sogar ohne Worte, sie vertrauten einander eifach. Toll.
Hör nicht auf, Deine Gefühle deinem Mann mitzuteilen, könnte sein, daß ihr Euch dann auseinander lebt. Wie soll er Dich denn verstehen, wenn Du ihm Deine Gefühle nicht mitteilst?

Ach Du Schreck, das ist ja schon wieder so lang geworden.
Sorry an alle, ist ja auch mehr an Eva-Maria,

Laura