Hallo zusammen.
Ich bin neu hier und befinde mich gerade in der Situation, dass mein Partner, mit dem ich über 3 Jahre eine Beziehung über 400 km Entfernung führe, an einer bipolaren Störung leidet.
Im Moment befindet er sich in einer manischen Phase. Dies macht sich dadurch bemerkbar, dass er viel kommunikativer mit anderen Menschen außerhalb unserer Partnerschaft ist, nachts wenig schläft und in Sozialen Medien viel aktiver ist u.a. mit anderen Frauen. Mir gegenüber ist er distanzierter, was sich in unserem Schriftwechsel zunehmend stärker abzeichnet, da er nicht mehr täglich schreibt, manchmal Tage dazwischenliegen, seine Sprache hat sich verändert, ist nicht mehr so liebevoll, eher gleichgültig, kurz und knapp. Er meint, er braucht Ruhe zum Nachdenken, die ich ihm zugestehe. Er verbringt wieder viel Zeit mit Grübeln über die Zukunft.
Da ich diesen Zustand schon einmal genauso erlebt habe, damals hat er mich ohne Vorankündigung im Messenger geblockt, gingen bei mir die Alarmglocken an und ich fragte mich unweigerlich, ob ich wohl Teil seiner Zukunft bin oder bleibe. Beim letzten Mal meinte er, ich bin so weit weg,
Meine Befürchtung bewahrheitete sich dann auch kurz darauf, nachdem ich über Facebook eine Mitteilung erhielt, dass mein Partner das Datum unseres Beziehungsstatus geändert hatte. Später stellte ich fest, dass er nicht das Datum geändert hat, sondern unsere offiziell nach außen bestehende Partnerschaft unerwartet beendet hat. Als ich auf die vermeintliche Änderung des Datums ansprach, teilte er mir mit, er habe nichts geändert. Vor einer Woche teilte er mir dann per SMS mit, dass er merkt, dass er mich wie eine "Freundin" mag, nicht wie eine "Geliebte". Im Januar hat er mir noch einen Heiratsantrag gemacht, vielleicht nur ein Scherz, zum Valentinstag Schmuck geschenkt, den gemeinsamen Familienurlaub zusammen bei seinen Eltern im Sommer geplant und mir vermittelt, dass er sich wünscht, dass ich beruflich eine Perspektive in seiner Nähe suche. Ich habe alles unternommen, um mich auf einen beruflichen Neuanfang vorzubereiten und meine Suche nach einem neuen Job gestartet. Da mein Partner außerhalb Deutschland lebt spielen sprachliche Voraussetzungen für den neuen Job in seinem Land natürlich auch keine unerhebliche Rolle. Also habe ich an der Vertiefung meiner Sprachkenntnisse gearbeitet. Also insgesamt, habe ich mehr in unsere Beziehung investiert als er, was ich aber auch seiner familiären Situation zuspreche, da ich flexibler bin als er.
Die erst Veränderung in der Häufigkeit seiner Antworten bemerkte ich vor ca. 4 Wochen. Nach einem Schockerlebnis nach seinem Geburtstag, dem plötzlichen Krankenhausaufenthalt seines Vaters. In seiner Situation ein Stressfaktor, der die Entwicklung ggf. förderlich beeinträchtigt hat.
Ich habe versucht, immer wieder mit ihm in Kontakt zu treten, mich dabei versucht in Zurückhaltung zu üben. Telefonisch war er nicht erreichbar oder hat meine Anrufe nicht angenommen. Ich sehe dass er oft online ist, aber meine Nachrichten nur mit großer Verzögerung liest und nur knapp beantwortet. Mit Mühe und Not konnte ich mir den Urlaub erkämpfen, den ich nächste Woche mit ihm und den Kindern zusammen geplant hatte.
Gestern zeichneten sich zudem depressive Züge ab, wo er davon sprach, dass er müde ist von diesem Leben. Das hatte ich alles schon einmal, dass er sich dahingehend äußerte, nicht mehr leben zu wollen. Er wurde zwar nicht konkret, aber seine Verzweiflung war deutlich spürbar und echt. Leider kann ich mich beruflich nicht immer sofort umgehend frei machen, wenn es ihm schlecht geht. Das macht die Beziehung und meine Möglichkeiten der Unterstützung an seiner Seite nicht einfacher.
Zum besseren Verständnis seiner konkreten Situation:
Er ist geschieden und hat kleine Kinder, die abwechselnd bei ihm und ihrer Mutter leben. Eine völlig neue Situation, die ihn anfangs so stark belastet hat, da er nie zuvor alleine gelebt hat und direkt aus dem Elternhaus als junger Mann in die Beziehung mit seiner Exfrau gewechselt ist, mit der er 20 Jahre lang zusammengelebt hat. Als wir uns kennenlernten, war er noch verheiratet und ich "Seelentröster", der immer für ihn da war, um ihm zuzuhören und ihn anfangs auf die Entfernung emotional aufzufangen. Aus dieser sehr starken emotionalen Verbindung entwickelte sich unsere Partnerschaft.
Nun hadere ich, angesichts der Entwicklung, dass er von der Manie in die Depression abrutscht, ob ich den geplanten Urlaub trotz seiner Entscheidung, dass ich nur noch eine "Freundin" bin, trotzdem bei ihm verbringe, um die Situation und sein Wohlbefinden auch im Hinblick auf seinen Umgang mit den Kindern besser und persönlich einschätzen zu können. Er hat mir nicht direkt gesagt, dass er mich nicht sehen möchte, aber indirekt konnte ich es aus seinen Nachrichten herauslesen und fühle mich wie ein Eindringling.
Ich will einesteils sein Bedürfnis nach "Ruhe" akzeptieren, dass ich persönlich nachempfinden kann, andererseits sehe ich anhand der Häufigkeit seines Onlinestatus, dass er doch ein großes Mitteilungsbedürfnis zu haben scheint, nur eben weniger mit mir.
Nun habe ich auch gelesen, dass dies bei bipolaren Störungen nicht untypisch ist, dass ein Partner plötzlich abtaucht und Menschen, denen er besonders nahe steht oder über alles liebt, abblockt. Ich habe ihm gesagt, dass ich komme, es ihm vielleicht besser geht, wenn wir uns sehen, ich ihn unterstützen kann und wir vielleicht etwas Schönes mit den Kindern unternehmen können. Er hat sich in meiner Gegenwart immer wohl gefühlt, ich konnte ihn zum Lachen bringen, damit er sich besser fühlt. Der Abschied voneinander fiel ihm jedes Mal enorm schwer, wenn wir uns nach unseren gemeinsamen Treffen wieder trennen mussten und er alleine zurückblieb, da wir uns eben leider nicht jedes Wochenende auf die Entfernung treffen können. Mir ist bewusst, dass eine stabile Partnerschaft ohne große räumliche Trennung sicherlich von Vorteil ist. Aber ich weiß auch, dass seine Ehe keine Garantie für einen ausreichenden Schutzraum in seiner gesundheitlichen Verfassung war.
Ich fahre mit sehr gemischten Gefühlen zu ihm, ein wenig mit Angst, da ich auf die Entfernung kaum zu ihm durchdringe und ihn auch nicht nerven möchte, und frage mich, ob dies die richtige Entscheidung ist. Vielleicht geht es ihm gerade so gut in seiner Manie, dass er mich nicht braucht. Das letzte Mal, bevor wir offiziell ein Paar wurden und er mich geblockt hatte, tat es ihm unsagbar leid, dass er mich so plötzlich hatte fallen lassen.
Ich weiß, ich hätte durchaus ein Recht darauf, ein Gespräch mit ihm vis-á-vis zu führen, nachdem er mir ja unsere Beziehung nur per SWS gekündigt hat. Ich habe aber auch gelesen, dass Menschen in einer manischen Phase durch ihre schnellen Gedankensprünge und Rastlosigkeit oder Euphorie bezogen auf andere Dinge oder andere Menschen nicht leicht zugänglich sind für klärende Gespräche.
Unter normalen Umständen würde ich eine Klärung als notwendig erachten.
Unter Berücksichtigung seiner Erkrankung muss ich den Umstand vielleicht einfach nur akzeptieren und ihm in der neuen alten Rolle als "Freundin" trotzdem weiterhin zur Seite stehen. Ich liebe ihn wirklich über alles. Es macht mich emotional selbst so fertig, dass ich tagaus tagein an nichts Anderes denken kann und mir selbst den Kopf zerbreche, was ist richtig.
Ich habe Angst, wenn ich sein Bedürfnis nach Ruhe (oder Kommunikation mit anderen) nicht akzeptiere und zu ihm fahre, dass ich die Situation verschlimmere. Aber hätte er es dann nicht gesagt, ich möchte nicht, dass du kommst?
Andererseits muss ich mich natürlich im Rahmen der Selbstfürsorge gleichermaßen schützen.
Ich weiß, dass er äußerst sensibel ist, bezogen auf seine Empfindungen. Aber im Moment scheint er nicht zu merken, wie sehr mich sein auf meine Person bezogenes unsensibles Verhalten verletzt und hilflos macht…
Was ist richtig? Was ist falsch?
Wie gehe ich am besten mit ihm um, mit seinen Stimmungsschwankungen, mal liebt er mich, mal beendet er die Beziehung wieder….
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 03.04.25 17:16.