Gestörtes Muttertochterverhältnis – eine abhängige Persönlichkeitsstörung überwinden

12. 07. 2024 14:40
Ihr Lieben, ich beteilige mich und lese hier eher sporadisch mit, doch jetzt in diesem Moment bin ich überaus dankbar, dass es dieses Forum gibt.

Einleitung zum Thema:
Eigentlich wollte ich letztens hier im Forum nur Beiträge über „Esssucht“, „Umgang mit Übergewicht“, usw. …, googeln.
Ich habe gehofft ein paar Tipps zu finden, wie man ungesunde Ernährung - die besonders bei mir emotional bedingt ist, in den Griff zu bekommen und evtl. Erfolgsgeschichten zu lesen, wie es Betroffene geschafft haben ihr Essverhalten zu ändern.
Nach langer Recherche bin ich aber auf ein ganz anderes Thema gestoßen, nämlich, das der Abhängigkeit.
Und hier gebührt mein Dank insbesondere an @Lichtblick. Du hattest in einem Thread, das Buch „Wege aus der Abhängigkeit: Belastende Beziehungen überwinden“ von Heinz-Peter Röhr empfohlen. Allein die Leseprobe im Internet, hat mich gepackt. Ich habe es mir bestellt. Hatte es aber noch nicht direkt gelesen.

(Wollte, eigentlich gerade, beschreiben um was es bei dem Buch geht, aber googelt am besten selber, denn ich hätte hier sonst einen Roman geschrieben allein über das Buch… Kommentare einer Inhaltsangabe sind willkommen. )

Der Auslöser warum ich das Buch in die Hand genommen habe und übelste Schuldzuweisung meiner Mutter:
Vorgestern, bin ich spät abends (es war noch hell) zu meinen Eltern gefahren (ca.25 Min. von mir).
Denn ich hielt es - wie so oft allein in meiner Wohnung, nicht aus. Mir ging es echt nicht gut.
Ich erzählte ihr, wie mein (jüngerer!) Bruder auf mich geschimpft hat, weil ich ihm von meinen Plänen erzählt hatte, dass ich weg ziehen wollen würde. Sofort drohte er mir, wehe, wenn unser Vater wieder Mal sich um den Umzug kümmern müsse, dann würde ich das Ansehen vor ihm verlieren. Nach dem ich meinte, nein ich würde dies alleine ohne Vaters Hilfe in Angriff nehmen, meinte er – das würde ich jetzt sagen, aber Tatsache sei bisher immer eine andere gewesen. Immer sei es mein Vater, der mir aus der Patsche helfen müsse!

Als ich meiner Mutter das so sagte, meinte sie: „ist ja auch so! Papa kann nicht mehr! Wir können alle nicht mehr! Wenn aber Papa mal unter der Erde liegt, dann…“

Dies war der Moment, wo ich in Tränen ausgebrochen bin und mich wie eine Last für die ganze Familie gefühlt hatte, ich mit meiner Krankheit, ich mit meinen Sprungheften Ideen, ich mit meiner Abhängigkeit und Hilfsbedürftigkeit von meinen Eltern...
und ich mit meinem islamischen Glauben und meiner Kleidung, die überhaupt nicht ins familiäre Bild passt, und insbesondere meinen Vater stört.

Und dann sagte sie noch: „und diese Moschee wo du hingehst, die tut dir überhaupt nicht gut. Du wirst schon sehen, wie ich Recht haben würde.“
Ihr müsst wissen, dass mir mein Glaube sehr wichtig ist, was meine Mutter niemals begreifen wird. Und oft fühle ich mich, so wie in diesem Moment, in einer Zwickmühle.
Nämlich es meinen Eltern recht machen zu wollen, aber auf der anderen Seite meinen Glauben so zu leben, wie ich es möchte und es für richtig halte. (Mein persönlicher Glaube spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, man könnte hier auch jede andere Form der Religionen oder Weltansichten nehmen.)

Nach dem ich versuchte, noch abzustreiten, dass mir diese Glaubensgemeinschaft nicht gut tun würde, wie sie es ja behauptet hat und ich merkte, dass ich auf Beton biss, fuhr ich unter Tränen nach Hause. Sie lief noch bis zu meinem Auto hinterher, und fragte mich ob ich denn nicht noch Blaubeeren mitnehmen wollte… (Zuckerbrot und Peitsche oder was?!)
Die ganze Fahrt im Auto weinte ich. Immer diese Gedanken im Kopf „ich bin mit dieser Krankheit meiner Familie nur eine Last!“
Glaubt mir, ich war zwar unter Depressionen „lebensmüde“ aber nie suizidgefährdet. Beim Fahren mit dieser Wut und Verzweiflung, hatte ich jedoch Fantasien in einen Baum zu fahren – hätte ich zwar nie gemacht, aber diese mit Wut beladenen Fantasien haben mir Angst gemacht.

Dann nahm ich gestern das Buch in die Hand,
dessen Leseprobe mich schon gepackt hat, und schon bei den ersten Seiten weinte ich wie ein kleines Mädchen. Tränen voller Trauer.
Tränen der Erkenntnis, dass das Problem nicht bei mir lag, was mich erleichtert hat – im Gegensatz zu all den Schuldgefühlen denen ich ausgesetzt war.
Ich vergoss Tränen um meinen jetzigen Zustand, mit Mitte dreißig, als erwachsene Frau, trotzdem ein Kind geblieben zu sein… Tränen ohne Ende.
Tränen darüber, dass ich falsche Fürsorge mit Elternliebe verwechselt hatte.
Tränen, darüber, dass meine Mutter (und auch mein Vater) mir immer wieder vermittelt haben, ich würde das Leben da draußen niemals alleine schaffen.
So dachte ich wirklich - in letzter Zeit, sagte ich häufiger meiner Mutter: „Mama was mach ich bloß wenn du mal nicht bist?!“
Und mein Vater?... er sagte niemals nein, wenn ich seine Hilfe brauchte, was äußerst bequem und doch fatal war – habe nie so richtig gelernt mich schwierigen Situationen zu stellen, nie gelernt, dass ich es auch schaffen kann.
Habe nie gelernt, meine Talente zu entfalten – denn ich habe gelernt, ich wäre unfähig das Leben zu meistern. Ich habe nie gelernt auf eigenen Beinen zu stehen…
So viele Tränen – Tränen über Erkenntnisse, eine nach der anderen.
Tränen der Erleichterung – nein ich bin an diesem ganzen Schlammassel nicht schuld.
…und um es nicht unerwähnt zu lassen, bin ich nicht für dem/den (Un)frieden zwischen meine Eltern verantwortlich. Ich bin nicht die Therapeutin meiner Mutter und sie nicht meine – ich will nicht länger ihre Toilette sein, wo sie sich auskotzen darf, und ich will nicht länger ihr alles erzählen oder gar beichten müssen! Mein Leben und meine Entscheidungen gehen sie schon lange nichts mehr an.
So viele Erkenntnisse aus so einem Buch!

Fazit:
Ich vermute, dass ich eine abhängige Persönlichkeitsstörung habe (bin ja kein Therapeut)
Ich habe abnormale Schuldgefühle. Wo Reue und Einsicht angebracht wären, empfinde ich lähmende Schuldgefühle und toxische Scharm.
Ich füge mich oft stärkeren Personen. Menschen mit narzisstischen Persönlichkeitsstörungen ziehen mich magisch an – eine Erklärung warum meine Beziehungen von Beginn dem Scheitern verurteilt waren.
Abhängigkeit von Essen und Menschen… dies kompensiere ich der fehlenden aufrichtigen und bedingungslosen Liebe meiner Eltern.
Sich selber nicht lieben können und andere nicht lieben können – das erklärt in meinem Leben so einiges.
Ich hatte in Freundschaften /Beziehungen/Bekanntschaften immerzu die Opferrolle eingenommen - so nach dem Motto: „Hi ich heiße T. und habe eine bipolare Störung und wie heißt du? …“
Meine Güte diese Liste könnte noch viel weiter gehen

Aber ich will langsam zum Punkt kommen:
Ich will mir Hilfe holen, in dem oben genannten Buch steht, dass Gruppentherapie im geschützten Rahmen helfen kann. Der Weg ist schwer sich von diesem destruktiven familiären Verhältnis abzulösen, aber es ist schaffbar.

Schon meine Kinder- und Jugendtherapeutin, sagte es gäbe ein gestörtes Mutter-Tochter-Verhältnis. Später als ich eine sozialpädagogische Familienhelferin vom Jugendamt bekam (ich brauchte Hilfe in im Umgang mit meinen beiden Töchtern besonders weil ich ausgebrannt war), versuchte sie es mir ebenso behutsam beizubringen, doch da hatte ich noch nicht die Stabilität/Reife?/Stärke... es im vollem Maße zu begreifen und mich zu lösen.
Doch alles hat seine Zeit und es ist nie zu spät.

Da ich alles Mögliche meiner Mutter erzählte oder gar beichtete, trieb sie einen Keil zwischen allen potenziellen Gefahren und mir, die diese symbiose Mutter-Tochter-Bindung, trennen bzw. auflösen könnten. Diese konnten Therapeuten, Freundinnen, oder halt eine religiöse Gemeinschaft sein – sie alle würden mir angeblich eine Gehirnwäsche verpassen und mich nur von meiner Mutter trennen wollen.

An euch:
Es wäre für mich interessant, ob sich der ein oder andere in meinem Thread /bzw. sich in dem genannten Buch wieder finden würde (solltet ihr es gelesen haben).
Und was ich wirklich gerne wissen würde: wie habt ihr es geschafft, wenn ihr von einer abhängigen Persönlichkeitsstörung betroffen wart, dort wieder raus zu kommen und die Verletzungen zu heilen.
Könnt ihr Klinken empfehlen?

Mit lieben Grüßen,
Mekka!

Jeder einzelne von euch,
mit euren Lebensgeschichten, und Beiträgen,
ist wertvoll!

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***Ich habe noch nie einen starken Menschen getroffen, der eine leichte Vergangenheit hatte.***
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w. geb. 1989. mit 13 J. erste Symptome der BS. Mit 17 J. während einer Manie, Diagnose erhalten.
Bipolare schizoaffektive Störung und Schilddrüsenunterfunktion
aktuell eingestellt mit: Lamotrigin 300 mg. Abilify Depot 400, Abilify 10 mg tgl.
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Gestörtes Muttertochterverhältnis – eine abhängige Persönlichkeitsstörung überwinden

Mekka 934 12. 07. 2024 14:40

Re: Gestörtes Muttertochterverhältnis – eine abhängige Persönlichkeitsstörung überwinden

fahni 194 12. 07. 2024 15:08

bzgl. raus aus der Opferrolle

Mekka 189 12. 07. 2024 16:00

Re: bzgl. raus aus der Opferrolle

fahni 504 12. 07. 2024 19:09



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