Hallo liebes Forum.
Ich bin neu hier, weil ich einen Freund habe, mit dem ich nicht umzugehen weiß.
Ich bin selber mit Double Depression diagnostiziert und war wegen einer schweren depressiven Episode bis vor 2 Monaten noch in einer Tagesklinik. Dort habe ich ihn auch über 2 Monate kennengelernt und es hat sich eine Freundschaft entwickelt. Ich habe ihn in einer Depressiven Episode kennengelernt und wusste auch nichts von einer bipolaren Störung bei ihm. Ich bin auch nicht sicher ob die bei ihm überhaupt diagnostiziert/erkannt wurde.
Vor ca. 5-6 Wochen veränderte sich dann sein Verhalten. Seltsam freizügige Instagramvideos tauchten auf, völlige Selbstüberschätzung seiner Fähigkeiten, eine "ich bin der Superstar"-Einstellung, hektische nicht mehr nachvollziehbare Gedankensprünge in Gesprächen. Alles noch im Rahmen aber schon seltsam und mir von ihm nicht bekannt. Ich habe mir aber da schon Gedanken gemacht da er ansonsten ein extrem ruhiger, besonnener und bedachter Mensch war. Vor allem sein plötzlicher, völlig übertriebener Aktionismus was seine Kariere betrifft war beunruhigend.
Das hat sich inzwischen alles verschlimmert. Er gibt unnötig Geld aus (Klavierkauf, vergibt 25.000€ an seine Frisörin um sie aus der Insolvenz zu helfen, Autokauf), Gründet mehrere neue Firmen um seine neue Karriere als Künstler zu pushen, Hat eine völlig fremde Person (jung, aggressiv, mittellos, obdachlos, spricht kaum deutsch) von der Straße in seine Wohnung geholt, der dort jetzt lebt und er finanziert ihm einen Führerschein und hat ihm Papiere besorgt, will die Tagesklinik in der wir waren auf Körperverletzung und Schadenersatz verklagen... Ich bin kein Therapeut oder Arzt aber für mich klingt das eindeutig nach einer Manischen Phase. Das hatte ihm wohl auch schon ein Psychiater gesagt und gemeint er solle in eine Klinik aber das hat er beiseite gewischt und scheint da wenig einsichtig zu sein.
Zu seiner Familie kann ich nur sagen, dass er einen Vater hat und dass das Verhältnis extrem schwierig ist. Von der Seite ist also eher keine Hilfe zu erwarten. Seine Bekannten und sein Freundeskreis lässt ihn wohl im Stich. (Zumindest sagt er selber sie würden ihn nicht ernst nehmen und sogar auslachen).
Und ich hab keine Ahnung, wie ich damit umgehen soll... Ich möchte ihn als Freund unterstützen und die Freundschaft nicht aufs Spiel setzen. Was die Manie angeht scheint er wenig einsichtig zu sein, weswegen ich jetzt überhaupt keine Ahnung habe, wie ich und vor allem OB ich das überhaupt momentan ansprechen soll. Ich lese immer wieder "auch in der Manie ist er immer noch ein mündiger Bürger" und versuche mir das immer wieder ins Gedächtnis zu rufen und mir zu sagen, dass er eigenständig Entscheidungen trifft und ich ihm da auch nicht reinreden sollte. Aber ich sehe auch, dass das ganze schlimme Folgen haben könnte. Ich sehe zwar keine Anzeichen von Gewaltausübungen oder Aggressionen bei ihm und bin auch sonst nicht der Meinung, dass eine Zwangseinweisung irgendwie nötig wäre, aber ich habe auch Angst, dass der Kontakt abreißt, wenn ich das Thema Klinik oder Manie überhaupt zur Sprache bringe.
Momentan versuche ich einfach den Kontakt zu halten und helfe ihm ab und an bei technischen Dingen die er für seine über ambitionierten Karrierevorstellungen gerade braucht. Ich schneide mal ein Video oder helfe technische Geräte anzuschließen. Aber schon das fühlt sich komisch an. Es ist als ob ich seine fixe Idee unterstütze und ihn damit auf eine Weise bestärke die ihm nicht helfen wird (außer, dass ich ihm damit vielleicht viel Geld spare weil er sonst jemanden dafür bezahlen müsste).
Ich versuche im Moment eigentlich nur weiter einfach da zu sein, damit, wenn sich das alles wieder normalisiert oder er danach wieder in eine depressive Episode gerät, immer noch da zu sein und ihm dann besser helfen zu können.
Aber ich fühle mich momentan so Macht- und Hilflos, weil ich zusehe, wie er zunehmend abdriftet und ich nicht weiß, wie ich helfen kann. Sollte ich seine Manie ansprechen? Kann ich ihm irgendwie vermitteln, dass er zumindest in Betracht ziehen sollte in einer manischen Phase zu sein und eventuell doch auf die Ärzte hören sollte ohne, dass er mir dann gleich die Freundschaft kündigt und ich dann auch später nicht mehr da sein kann um ihn zu unterstützen?
Ich tue mich aufgrund meiner eigenen Erkrankung extrem schwer mich abzugrenzen und leide auch selber darunter. Aber ich weiß einfach nicht wie ich das bei ihm ansprechen kann ohne Gefahr zu laufen, dass das Gespräch gleich auf eine zu emotionale Ebene abrutscht.
Vielen Dank schon mal fürs lesen und für eventuelle Ratschläge und Erfahrungsberichte eurerseits.
Gruß
Puuhbear