Hallo Ramona,
ja, Angst begleitete mich in meiner Kindheit oft in Form sozialer Angst. Ich war schüchtern und wusste nicht warum. Ich weiß es bis heute nicht. Die Folge waren ein seltsames Erscheinungsbild. Aus Angst bildete sich die Gewohnheit, mir die Nägel zu zerkauen. Das potenzierte die soziale Angst, da ich mir dachte, dass es ein schlechtes Licht auf mich wirft. Später kam es zu Gangstörungen; mein Körper versteifte sich, ich musste währenddessen darüber nachdenken, wie man geht. Der simple Automatismus, zu gehen, wurde durch Angst außer Kraft gesetzt. Mein Schrittlänge wurde kürzer; ich musste überlegen, was ich mit meinen Armen beim gehen mache. Mich plagten als Jugendlicher Symptome (die Gangstörung), die eigentlich Parkinson-Kranke usw. heimsuchen. Nur aufgrund der Angst.
Später, mit 13 Jahren, kam die paranoide Angst dazu. Ich brach Freundeskontakte ab, zog mich zurück, und habe mich inzwischen nicht mehr seit acht Jahren mit Freunden privat verabredet. Ich habe überhaupt keine Freunde mehr. Der immerwährende Argwohn, soziale Kontakte würden mir schaden, überwiegt.
Die anlasslose Paranoia, der Überzeugung zu sein, polizeilich verfolgt zu werden (ich wurde in der Vergangenheit schon mal strafrechtlich verfolgt). Es vergeht nicht eine Woche, in der ich nicht denke, sie kommen mich jetzt holen.
In den letzten beiden Jahren wurde die Existenzangst größer. Eine Ausbildung zum Finanzwirt scheiterte, ich landete nach einem Suizidversuch in einer LVR-Klinik und bekam anschließend die Entlassung aufgrund "fehlender charakterlicher Eignung". Es kam vor Monaten zu Phasen, begleitend zur Depression, in denen ich glaubte zu verarmen. In diesen Momenten zweifle ich alles an. Meine Intelligenz, mein Aussehen, meine Bildung, meine familiäre Fürsorge, meine Gesundheit, meine Zukunft. Alles zweifle ich an.
Schließlich ist da noch die Angst vor der Depression. Es gibt nichts destruktiveres als die Depression. Es gibt auch kaum etwas, was weniger Verständnis aufbringt als die Depression. Das Bild, das man außen abgibt, ist das des faulen Schwachkopfes. Man hat doch vielmehr als andere; wie kann man nur antriebslos sein?
Bei mir gibt es zwei Regeln:
1. Bin ich ängstlich, ist die Depression noch nicht schwer genug.
2. Kann ich mir Angst und Depression nicht leisten, bereite ich den Nasenkaffee vor.