Liebe Hermine,
Deinen Beitrag zu lesen, hat mich sehr betroffen gemacht und berührt. Fühl dich zuerst einmal gedrückt.
Das ist schon eine wahnsinnige Meisterleistung, die du da seit Wochen und Monaten durchmachst und das ohne zu wissen, wo es hinführt.
Vorallem finde ich das sehr einfühlsam und verantwortungsvoll, dass du dich bereits jetzt so intensiv mit möglichen Krankheiten auseinander setzt. Ich habe erst nach der Diagnosestellung mit dem Informieren angefangen.
Ich bin ebenfalls Angehörige und seit 10 Jahren mit meinem Mann zusammen. Er ist diagnostiziert bipolar.
Daher habe ich mich ebenfalls sehr intensiv mit der Krankheit auseinandergesetzt und viele Beiträge in Internetforen gelesen, die dem Verhalten deines Mannes ähneln. Ob er tatsächlich bipolar ist oder eine andere Krankheit dahinter steckt, kann aber letztendlich nur ein Arzt klären.
Im Nachhinein betrachtet waren die ersten Krankheitsanzeichen meines Mannes Jahre vor der Diagnosestellung. Die Krankheit wurde schleichend immer schlimmer. Mir ist das zu diesen Zeitpunkten nicht aufgefallen, da es nicht ganz so extreme Wesensveränderungen waren. Aber hinsichtlich der Aufgedrehtheit und dem geringeren Schlafbedürfnis erkenne ich Parallelen.
Der Gang in die Klinik kam erst beim absoluten Tiefpunkt und da gingen wir alle erst einmal von einer klassischen Depression aus, ehe er ein halbes Jahr später mit akuter Psychose nochmal dort landete. Diesen Schritt könntest du Bzw. Ihr mir voraus sein und nicht erst die Schleife drehen mit einer Diagnose in Richtung Depression.
Aber was ich damit auch sagen will… ich habe wenig Hoffnung, dass er behandlungswillig ist , bevor er nicht mental am absoluten Tiefpunkt ist. Meist kommt erst dann eine wirkliche Einsicht und Reflektiertheit.
Was du aber tun kannst und was meine Vorredner auch schon geschrieben haben: versuche zumindest die Rahmenbedingungen zu retten (Finanzen, Wohnung, soziales Umfeld sensibilisieren, etc.) Dann ist sein Leben nicht ganz an die Wand gefahren, wenn die Krankheitseinsicht kommt.,
Pass aber nichtsdestotrotz auf dich und deine Bedürfnisse auf! Nehme dir Auszeiten und tu dir was gutes. Beschäftige dich nicht dauerhaft mit der Krankheit. Mir hat das sehr geholfen, vorallem in akuten Phasen.
Im Großen und Ganzen kann ich sagen, dass man ein normales Leben führen kann, so lange man sich an die Regeln hält. Das heißt, sich mit sich selbst und der Krankheit auseinander setzen, Medikamente nehmen, ausreichend Schlaf und und und. So wie ich das bei vielen erfahrenen Betroffenen hier gelesen habe, braucht das aber viel Geduld, um die richtige Balance für einen selbst zu finden.
Ich wünsche dir viel Kraft und bin gespannt, wie es bei euch beiden weitergeht.
Halte uns gerne mal auf dem laufenden.
Viele Grüße
Sternchen