Liebe Deborah,
genauso fühle ich mich gerade, als müsste ich die Menschen davon überzeugen, dass ich mir nichts
antue, oder normal bin.
Ich habe mich jetzt entschlossen, mir noch mehr Hilfe zu holen, von Außen und nicht von meinem Vater.
Mein Vater will, dass ich wieder arbeite, sofort, weil Arbeit das Beste ist.
Ich bin aber erschöpft und kann diesen ganzen "Schwachsinn" nicht mehr hören. Das macht mich wirklich
aggressiv.
Ich habe gestern telefoniert, dass ich an einer Trauergruppe teilnehmen kann. Auf der anderen Leitung kam
ständig mein Vater durch. Ich fühle mich da sehr kontrolliert.
Als ich ihm sagte, dass ich an der Gruppe teilnehmen werde, fühlte er sich sofort veranlasst, mir zu sagen,
dass ich das nicht machen solle, dass sei Quatsch.
Was für ihn richtig ist, muss ja nicht zwingend auch für mich richtig sein, außerdem trägt er nicht meine
Schuhe.
Er ist ja auch bipolar, aber wirklich nur mäßig, ohne Manien, oder dramatischen Depressionen. Je mehr ich
es auf anderen Schultern tragen lassen, sprich Hilfe von Außen, umso unabhängiger bin ich von ihm und
seinen teils "verrückten" Ideen.
Er ist jetzt beleidigt und meldet sich kaum. Was ich wirklich auch auch erschreckend finde ist, dass ich so dick
bin, wie noch nie in meinem Leben. Ich habe masslos alles in mich reingestopft in der Klinik und darüber
hinaus. Ich bin schon mehrfach auf meine Figur angesproch worden.
Ich bin so froh, dieses Forum zu haben. Ich kenne sonst keine Bipolaren, wo ich mich austauschen könnte und fühle mich oft mit meiner Erkrankung ziemlich alleine.
Dann heißt es, wie kannst Du denn der Frau schreiben, oder mit einem Messer auf dem Balkon stehen? Es
fühlt sich an, wie total betrunken, aber noch schlimmer.
Bevor ich so manisch wurde, war ja mein Vater hier bei mir, ohne sich anzumelden und ich hatte Angst vor
ihm.
Er schrie herum, dass er jetzt Ärzte und Feuerwehr und die Polizei ruft, um mich in die Geschlossene
zu bringen.
Danach habe ich Ängste bekommen und dann rief hier wirklich ein Arzt an und wir haben uns nett unter-
halten. Er sah keinen Grund, dass ich ins KS komme. Mein Vater hatte gesagt, dass ich Alkohol getrunken
hätte, als Druckverstärker, dabei trinke ich seit vielen Jahren keinen Tropfen mehr.
Die nächsten Tage habe ich mich nicht mehr raus getraut und bin tatsächlich immer paranoider geworden.
Mein Vater sucht jetzt wie wild eine Wohnung für mich in Hamburg, trotzdem ich ihm mehrfach gesagt
habe, dass ich nicht in Hamburg wohnen will, sondern hier in meinem Häuschen. Was für ihn der letzte
Dreck ist, da mein Partner und ich hier gewohnt haben.
Es ist sehr schnuckelig und ich liebe es, auch wenn es 130 km entfernt ist von Hamburg. Hier könnte
ich alt werden.
Liebe Deborah, vielen, vielen Dank.
Turicum