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Ich finde den Film hammerhart.
Hammerhart ist immer wieder deine letztendlich einseitige Meinung ohne zu differenzieren.
Ich habe die Doku nur an etlichen Stellen durchgeklickt und sekundenweise gesehen, weil sie absolut nichts Neues bringt. Hier ist viel Effektheischerei mit bei auf dem Niveau von Bild, verkleidet als seriöse Darstellung.
Ich möchte damit nicht sagen, dass das alles falsch ist, was in der Doku behauptet wird. Und ich selber kenne auch bipolare Menschen, die gewalttätig geworden sind und sowohl im offenen Strafvollzug oder Maßregelvollzug mit Freigang untergebracht waren oder noch sind bzw. es nicht zu Anklagen kam oder diese fallen gelassen wurden.
Ich kenne diese Menschen aus der SHG und /oder dem sonstigen bipolaren Umfeld. Und einer ist ein guter Freund von mir seit inzwischen 20 Jahren.
Gerade in der letzten Zeit werde ich von Angehörigen öfter gefragt, ob es in Manien zu Gewalttaten kommen kann. Ich will die Möglichkeit weder kleinreden noch aufbauschen. Da sind Antworten immer eine Gratwanderung zwischen sowohl als auch und möglich aber vielleicht auch nicht, statistisch gesehen eher unwahrscheinlich. Wie kann ich das wissen?
Vor 40 Jahren hatte ich meiner Mutter massive Gewalt angedroht, wenn sie mich noch einmal angefasst hätte (es ging um harmlose und eher wohlgemeinte Berührung). Hat sie nicht getan. Und mein Vater stand daneben in Hab-Acht-Stellung. Gegen ihn hätte ich im Ernstfall keine Chance gehabt. Es ist dann nix passiert.
Aber wer will schon für jemanden die Hand ins Feuer legen, der oder die gerade extrem affektlabil unterwegs ist und unter mangelnder Impulskontrolle leidet, egal ob mit oder ohne Diagnose und wenn ja, egal mit welcher Diagnose.
Ich hatte auch schon Angst vor meinem Freund, weil ich seine Reaktionen nicht mehr einschätzen konnte und wusste, was in vorangegangen Manien bereits passiert war (es kamen glücklicherweise keine Menschen zu Schaden), ohne dass er mir gedroht hätte aber aggressiv rumgeschrien. Da bin ich dann für Wochen auf Abstand gegangen und habe gewartet, bis er sich wieder aus der Klinik meldet.
Ich finde den verlinkten Artikel von Kins wesentlich besser und differenzierter als diese NDR-Doku mit RTL-Niveau.
Leider fallen psychisch kranke aber auch geistig behinderte Menschen, die während ihrer Phasen (Manien, Depressionen, Psychosen u.a.) oder grds. stark beeinträchtigt zu Opfern wurden, weil sie Gefahren einfach nicht gut einschätzen können, bei Berichterstattungen in Bild und Text, meist unter die Roste. Interessiert keine Sau, wieso das Opfer zum Opfer wurde. Das nahestehendste Ereignis hatte ich vor einigen Jahrzehnten inzwischen.
Ein Mann, Mitte 30, ich nehme an schizophren oder schizoaffektiv, den ich in einer TK kennenlernte und mit ihm gelegentlich danach noch privat Kontakt hatte, war spätabends in einer Kneipe und geriet an einige "Typen". Die nahm er mit nach Hause. Dort wurde er ausgeraubt und umgebracht. Er erlag seinen Verletzungen, beigebracht durch diese "Typen", auf die er sich eingelassen hatte. Er nahm übrigens regelmäßig seine Medikamente.
Conny, kennst du persönlich Menschen zu diesem Thema, oder saugst du nur gerne auf, was du liest und siehst und filterst dann für dich heraus, was deinen eigenen Schreckensszenarien am meisten zuspricht?
Denn so stellst du dich hier nahezu ausschließlich dar.
Und was ist eigentlich, wenn Medikamente als Nebenwirkung Aggressionen auslösen? Oder man Menschen nicht nur akut sondern dauerhaft medikamentös lobotomiert?
Achja, meine eigene Schwester wurde mir ggü. schon handgreiflich. Sie ist zumindest weder schizophren noch bipolar. Aber sie hat oder hatte zumindest (ich habe seit ca. 17 Jahren keinen Kontakt mehr zu ihr) ein hohes Maß an mangelnder Impulskontrolle. Sie gab mir dann die Schuld an dem Übergriff, dem Meinungsverschiedenheiten vorangingen mit heftigem verbalen Austausch auf beiden Seiten. ICH wurde nicht handgreiflich, auch nicht nach ihrem Übergriff. Ich hatte einfach nur Angst, dass sie noch weiter "ausholt". Sie hat sich nie dafür entschuldigt mit der Begründung, sie habe ihre Aggressionen seit längerem im Griff, aber ich hätte sie einfach so provoziert, dass sie nicht anders konnte. Bis dahin hatte sie dagegen keine Therapie gemacht. Ganz im Gegenteil. Psychiater und Psychologen,... um Gottes willen. Und das, obwohl ihre Partnerin selbst Drogentherapie (vorwiegend Heroin) gemacht hatte.
Ich könnte noch ewig hier so weiterschreiben, ohne letztendlich zu einer glasklaren Meinung zu gelangen, weil es immer ein Sowohl-als-auch und Einerseits-andererseits bleibt. Und ich gebe gerne Beispiele aus meinem Umfeld bzw. Erleben.
Hast DU die? Wie viele Menschen mit psychiatrischer Diagnose aus deinem persönlichen Umfeld sind gegenüber Menschen gewalttätig geworden mit strafrechtlicher Relevanz? Und wie viele sind es nicht?
Eigentlich finde ich dieses Thema fast zu schwierig, um es in einem Forum würdig diskutieren zu können.
Fakt ist aber, dass von den Hunderten von bipolaren Menschen, die ich bisher kennenlernen durfte, nur ein sehr geringer Prozentsatz tatsächlich gewalttätig geworden ist oder schwere Sachbeschädigung betrieben hat.
Das war jetzt viel.
Alles Gute
Friday
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Nicht alles, was schwankt, ist bipolar.
Hätte ich die Kraft nichts zu tun, ich täte nichts.
Man muss sich von sich selbst nicht alles gefallen lassen.
4-mal bearbeitet. Zuletzt am 08.07.22 12:14.