Hallo zusammen
Wieder hat sich was getan, worüber ich euch berichten kann.
Am montag ist es in der abteilungsversammlung tradition die patienten zu verabschieden, die während der woche austreten.
Das war von beginn an schwer für mich. Die fassung zu behalten, damit mir die kontaktlinsen nicht mit dem tränenwasser davon schwimmen.
Das war nach der allerersten abteilungsversammlung, meine verzweiflung gipfelte in einem angst- und panikartigen weinkrampf im zimmer.
Dieses mal wurden vier patienten verabschiedet, die ich ins herz geschlossen hatte, trotz vorsatz hier keine freundschaften zu schliessen.
Bei der verabschiedung hat mir geholfen:
- aus dem fenster schauen aufs unwetter
- die zu verabschiedende person nicht anschauen
- gut atmen, bodenhaftung mit dem gedanken " füsse schlagen wurzeln" und bei mir bleiben
- zulassen, dass sich die augen mit tränen füllen
- option frei lassen, den raum zu verlassen und den stuhl aussuchen, der nahe an der türe ist
Die gruppenpsychotherapie ging mir leicht von der hand. Einzig, dass mein gehirn mal eine in gedanken vorbereitete antwort löschte und ich mir was neues spontan ausdenken musste, hat mich gestört. Ich hätte eine gute idee gehabt und plötzlich war sie weg, der kopf vollkommen leer.
Es hatte eine neue psychologin die leitung inne und es war richtig dynamisch. Am ende verliess ich den raum voller mut.
Leider fing ich mir einen "beinahe-hexenschuss" ein. Als ich es im zimmer beim aufstehen vom bett bemerkte, rief ich im stationsbüro an und die pflegerin eilte zu mir und setzte alle hebel in bewegung, um mir zu helfen.
Sie brachte mich dann auch zu bett, lagerte meine beine hoch und drapierte die fernbedienung für den fernseher und das telefon um mich herum. Das hatte etwas sehr liebes, mütterliches.
Tatsächlich war es am nächsten morgen besser, eine massage verbesserte den zustand zusätzlich.
Gestern war der tag sehr streng und der morgen begann schon hektisch.
In der musiktherapie durfte ich mich hinlegen und die klänge, die die anderen produzierten, auf mich wirken lassen und geniessen.
Das entspannte mich. Auch als wir klangschalen auf dem körper von einem anderen patienten spielten. Das hatte ein mitpatient gewünscht und es war sehr interessant, welche schwingung da entsteht. Es war sehr stark zu spüren und wohltuend.
Als letzter programmpunkt war progressive muskelentspannung an der reihe. Ich schlief immer wieder ein und begann intensiv zu träumen.
Heute am freien tag legte ich schon am morgen 9000 schritte zurück bei einer wanderung mit 3 patienten, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
Am nachmittag hatte ich besuch. In letzter zeit fand ich ein paar mal zeit und hatte auch energie zum besuch empfangen.
Im allgemeinen bemerke ich schon psychische fortschritte:
- schlafe besser
- geräusche empfindlichkeit hat abgenommen
- gefühlsschwankungen sind weniger geworden
- belastbarkeit ist gestiegen
- innere unruhe hat sich gewandelt zu innerer ruhe und gelassenheit
- grundsätzlich kann ich mehr an einem tag machen ohne stress
Es ist immer noch anstrengend in der klinik, ich empfinde es als arbeit an mir selbst. Es lohnt sich, deshalb halte ich durch und bin motiviert.
Wenn ich zum anfang zurück blicke, sehe ich grosses leiden, das das leben erschwerte. Sogar ein reduziertes leben zu hause.
Nun bin ich wieder mehr gestärkt und habe das ziel vor augen, dass ich stabil aus der klinik kommen möchte. Das habe ich nicht aus den augen verloren. Manche finden das unrealistisch, ich habe das aber schon ein paar mal erlebt. Und wenn nicht habe ich zeit und geduld das später zu erreichen.
Mit Liebe und Ruhe betrachtet ist die Welt am Schönsten