Guten Morgen Forum,
meine Mutter rief gestern an. Ich habe mittlerweile den Kontakt einstellen müssen, da sie sich nicht helfen
lassen will und ich auf mich achtgeben muss, dass es mir nicht schlechter geht.
Sie ist sehr krank. Irgendetwas psychisches. Alte Kindheitsverletzungen poppten gestern auf. Unsere Unterhaltung
ist sehr zähflüssig geworden.
2 Jahre lang rauf und runter das Corona Thema und jetzt kommt also bald der böse R. Ich steige da aus und
versuche blablabla über Tiere zu reden.
Sie hatte schon immer vor allem Angst. Wenn ich über Waschbären rede, die ich bald besuchen will, warnt
sie mich vor ihnen. Rede ich über Windräder, die hier stehen, könnten die mir auf den Kopf fallen, oder
eine Anaconda könnte mich beissen. Wirre Geschichten über die ich nicht mehr lachen kann und das
verwirrt sie.
Ich war wie ein P.böller. Kurze Lunte und dann bämm. Ich habe so die Schnauze voll von diesem kranken
Mist.
Wir haben uns gestritten. Ich kann nicht verstehen, warum sie sich nie Hilfe gesucht hat. Seit Jahrzehnten
ist sie krank. Ich habe bis zuletzt gehofft, dass irgenwann der Zusammenbruch kommt, aber es passiert
nichts.
Mir zerbricht es das Herz, meine Mutter so kaputt zu wissen. Ich aber habe nicht die Macht und vor allem
nicht die Kraft ihr zu helfen.
Sie weiß nicht, was ich meine und wenn ich sie mit der Nase darauf stoße, hüllt sie sich in beleidigtes
Schweigen.
Vielleicht ist sie ja zufrieden in ihrer kaputten Welt. Mir ging es nach dem Gespräch sofort schlecht. Ich
hatte ein schlechtes Gewissen, dass ich so ausgeteilt habe.
Ich habe lange, lange nichts gesagt, weil sie mich unterstützt hat und wir gemeinsam getrunken haben.
Heute sehe ich vieles differenzierter und bin ja, wütend auf mein Umfeld, wie krank alles war.
Wie gerne hätte ich eine "normale" Familie gehabt. Nie konnte ich meine Mutter besuchen, weil sie nicht
aufgeräumt hatte.
Diese ganzen kranken Geschichten, sei es mein Vater, sei es meine Mutter setzen mir heute noch manchmal
zu.
Keiner hat Schuld, dass ich bipolar bin, aber eine gewisse Mitschuld der Aufrechterhaltung sehe ich schon.
Kranke, asoziale Verhältnisse und ich fühlte mich immer in der Verantwortlichkeit. Keiner von beiden
war jemals in der Klinik, aber ich checkte regelmäßig ein, weil ich nicht mehr konnte und alles dafür
tat, den beiden zu gefallen. Erst seitdem es mich nicht mehr juckt, ob es ihnen gefällt, so wie ich lebe,
konnte ich langsam gesünder werden.
Früher habe ich mich erst einmal mit irgendetwas weggemacht. Heute versuche ich anders damit umzugehen
und habe bewusst nach dem Gespräch etwas Schönes gemacht.
Ich war und bin erschöpft. Manchmal habe ich 12 Std. am Stück gearbeitet. So fühlte ich mich gestern auch.
Ach ja, sie hat mir auch vorgeworfen, dass ich momentan nicht arbeiten kann, sie hätte ja immer gearbeitet.
Sie hat sich so ausnutzen lassen von ihrem Partner. Jetzt ist er gestorben und sein komplettes Vermögen haben andere erhalten und er hat nicht für sie vorgesorgt. Das kümmert sie
nicht. Kann man halt nicht erzwingen, so ihre Worte.
Wo ist meine fröhliche, gepflegte Mutter hin? Diese Frau kenne ich nicht.
Wie managt ihr so schwierige Kontakte?
Turicum