Re: Umgang mit Lithium

24. 12. 2021 07:16
Guten Morgen Typus,

ich habe erst einmal ein wenig nachgedacht über deine Gedanken und Fragen...

Ich nehme Lithium in etwa solange wie du.
Zunächst habe ich schrittweise aufdosiert bis ich bei 900 mg Quilonum retard und einem - für meine Ärztin - akzeptablen Spiegel angekommen war. Der lag so bei 0,65.

Ich kann deine Bedenken zum Teil sehr gut nachvollziehen.

Wobei mir von Anfang an klar war, dass es sich bei Lithium nicht um ein eher mildes Präparat wie etwa Baldrian handelt.

Das war vermutlich in meinem Fall eher ein Nachteil, dass ich recht gut vor informiert war.

Meine Informationen waren eher so aus dem "Horrorkabinett":

Ohne ins Detail zu gehen hatte ich Dinge gehört, dass Lithium erst dann zum Einsatz komme, wenn bereits alles andere an Medikamenten versagt hätte. Sozusagen Lithium als allerletzte Chance und wenn dies dann nicht hilft, gibt es dann einfach keine Hilfe mehr.

Das war jetzt nicht nur "Hören sagen", sondern tatsächlich die Eefahrungen des besten Freundes meines damaligen Lebenspartners.

Ich hatte demnach schon einen Horror vor Lithium, bevor ich es überhaupt ausprobiert habe.

Meine Fachärztin war da sehr offen, sowohl was eine Medikation als auch was mögliche alternative Diagnosen zur Bipolaren Störung anging.
Sie ist bis heute nicht ganz sicher, ob ich nicht einfach nur Probleme mit meiner Persönlichkeit habe, die durch meine Vergangenheit bedingt wurden.

Um mich insgesamt auf etwas sichererem Boden bewegen zu können, war ich in der nächstgelegenen Bipo - Ambulanz vorstellig.

Der Arzt dort war absolut eindeutig: Er sah zum einen die bipolare Störung bei mir, die andere Diagnosen ja nicht ausschließt, und empfahl mir eindringlich, dem Lithium eine längerfristige Chance zu geben. Er sprach von Zeiträumen, die in Jahren gemessen werden.

***

Deine Bedenken, dass Lithium die Wahrnehmung oder das Fühlen beeinträchtigt, hatte ich ebenso.

Ich habe diese aber nun - nach einem guten Jahr regelmäßiger Einnahme - immer weniger.

Deshalb schreibe ich dir hier - ein wenig verspätet:

Vielleicht braucht ja gerade Lithium eine etwas größere Anlauf - und Wirkzeit, um zu einer Art Gleichgewicht zu finden(?).

Ich habe ähnliches an anderer Stelle hier im Forum auch schon gelesen.
Kann dir aber leider nicht mehr sagen, wo genau.

Sicherlich könnte in meinem Fall auch eine Rolle spielen, dass ich Lithium in Absprache mit meiner Psychiaterin von 900 mg langsam auf 450 mg herunter dosiert habe. Sehr langsam und in zwei Schritten.

Mir geht es so, wie es jetzt ist, sehr gut. Ich fühle mich in keiner Weise gefühlsmäßig oder gedanklich ausgebremst.
Allerdings fühle ich mich insgesamt deutlich "sortierter" und finde bei Stress schneller in mein Gleichgewicht zurück als vor der Medikation mit Lithium.

Ein sicherer Vergleich, wie es ganz ohne Lithium mir dann heute gehen würde, ist ja leider nicht möglich...:-)

***

Insgesamt bin ich mit dem "Ist- Zustand" sehr zufrieden und bin dankbar, mich trotz aller Bedenken auf das Lithium - äußerlich und irgendwann auch innerlich - eingelassen zu haben.

Ich bin bei so tiefen Ängsten sehr schwer zu überzeugen, aber das Lesen hier im Forum über die Erfahrungen vieler anderer hat mir persönlich sehr geholfen, meine Ängste etwas mehr zu ver-erden.

Mein Dank gebührt allen, die sich hier öffnen und schreiben!



***


Liebe Grüße,
Miramis

Erstmals Diagnose BS im Frühjahr 2010 , bis 2012 aufrecht erhalten und mehrfach von verschiedenen Fachärzten bestätigt. Sehr starker jahreszeitlicher Einfluss, Wohnort nördlich des Polarkreises.
In dieser Zeit keine Medikation.

2012 Rückzug nach Deutschland aus dem Ausland.
In Folge schlagartige Verbesserung der bipolaren Problematik. Keine Bestätigung der Verdachtsdiagnose BS in Deutschland. Statt dessen eher "stabile langjährige depressive Phasen" bis zum Herbst 2018:

Erstmaliges Wiederauftreten einer hypomanischen oder manischen Phase in Deutschland, Dauer drei Monate, nach Einstellung mit Quetiapin 300 mg Abgleiten in eine nachhaltige Depression, Dauer 1,5 Jahre.

Seit etwa April 2020 - nach schrittweisen und fachärztlich begleitetem Ausschleichen des Quetiapin - Beginn einer hypomanischen oder manischen Phase bis Herbst. Dann Einschleichen von Lithium.

Aktuelle Medikation: 25 mg Quetiapin Retard abends
450 mg Quilonium Retard abends
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Umgang mit Lithium

Typus 1765 18. 12. 2021 14:42

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Typus 390 18. 12. 2021 15:48

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VanGogh 403 18. 12. 2021 16:33

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FLYHIGH 352 18. 12. 2021 18:36

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Sima 378 18. 12. 2021 18:05

Andere haben die Krankheit nicht. Was wissen die über Lithium?

Lichtblick 391 18. 12. 2021 20:06

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Typus 346 24. 12. 2021 17:04

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Bipu 529 29. 12. 2021 18:51

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Formeleins 460 31. 01. 2022 01:03



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