Hallo Tarzzan,
jetzt wird mir auch dein voriger Baum
HIER KLICKEN klarer.
Der Gedanke, dass die derzeitige Medikation ein Freiheitsentzug bedeutet, kann sich nach so langer Zeit Depressionen aufdrängen. Vielleicht suchst du nach Gründen, die außerhalb des eigenen Seins begründet sind. Aber ich denke, dass der "Freiheitsentzug" die Depression selber ist.
Ich habe auch schon jahrelang in Depressionen gesteckt. Und ehrlich gesagt, ich weiß heute noch nicht, wie ich da raus gekommen bin, außer das eine Mal. Da war es ein Tagesklinikaufenthalt von drei oder vier Monaten, der mich gerettet hat.
Das, was du - wahrscheinlich eher abfällig gemeint - als "Hamsterrad" bezeichnest, nennt sich gemeinhin "Struktur". Das ist das, was allen bipolaren Menschen geraten wird, und mir selbst, gerade wenn es mir nicht gut geht, zum Halse raushängt. Aber es ist trotzdem wahr.
Vielleicht fängst du mit einem Mindestmaß an Struktur an, eben genau so, dass du es bewältigen kannst.
Z.B. bis 13 Uhr gefrühstückt haben. Erst danach die Glotze an. Bis mindestens 21 Uhr zu Abend gegessen haben. Solange es noch hell ist eine halbe Stunde vor die Tür gehen.
Ich weiß nicht, wer das mal gesagt hat. Es war einer der Profis, ich glaube Dr. Thomas Bock. Man muss die Ziele so setzen, dass der Erfolg unvermeidbar ist. Also erstmal klein, klein, aber eben Ziele.
Vielleicht kannst du mit einer Vertrauensperson deines Umfelds Vereinbarungen treffen für Rückmeldungen und Motivation. Jemand, der dir sanft "in den A... tritt", der klare aber freundliche Ansagen macht.
Mir hat es z.B. nicht geholfen, wenn jemand gefragt hat "möchtest du nicht dies oder jenes". Mir half es eher, wenn jemand mir die Entscheidung abgenommen hat mit z.B. "wir machen das jetzt" oder "du machst das jetzt".
Ich werde nie eine Situation von vor ca. 15 Jahren vergessen (ich weiß die Zeit nicht mehr, weil ein Jahr wie das andere depressiv war). Eine Freundin rief an, und ich jammerte ihr die Ohren voll, dass ich es nicht schaffe, meine Wäsche von der Leine zu nehmen, zusammen zu legen und in den Schrank zu packen. Die hing da schon einige Zeit. Fünf Minuten später sagte sie dann "ich muss jetzt los, und du nimmst jetzt die Wäsche von der Leine" Irgendwie duldete das keinen Widerspruch. Und ich konnte nicht mehr weiter jammern, weil sie ja keine Zeit mehr hatte. Es hat funktioniert. Anschließend ging es mir zumindest mal kurzfristig besser.
Auch Depressionen sind Schwankungen unterlegen. Das merken wir sehr deutlich am Morgentief und Abendnormal. Aber auch sonst gibt es isg. depressivere Tage, depressivste Tage und weniger depressive Tage und Situationen. Fang an, dir die letzteren deutlich zu machen, im Gedächtnis zu verankern, dass es das auch gibt. Es ist also möglich.
Dann überlege, ob du profiseits nicht Hilfe in Anspruch nehmen willst. Vielleicht ein Tagesklinikaufenthalt oder vollstationär. Suche dir eine Klinik, die spezialisiert ist auf BS und /oder mit dem Arzt deine Medikation nochmal durchzugehen. Vielleicht kann ja ein AD etwas ausrichten, dich unterstützen.
Du hast schon viel an Medis versucht, aber unmöglich alles bzw. jede Kombination. Leider braucht es bei vielen einen langen Atem und Geduld, die wir leider oft nicht haben.
Ich habe übrigens in der o. gen. Depression völlig hysterisch (so nenne ich es mal) auf jedes AD mit heftigen Nebenwirkungen reagiert, wahrscheinlich weil ich panische Angst davor hatte (aus welchen Gründen auch immer). Heute lasse ich ADs die Zeit und den Raum in mir, damit es eine Chance hat, bei mir da anzukommen, wo es soll.
Ich hoffe, ich habe dich mit der Länge meines Beitrags nicht überfordert. Und wenn schon, davon stirbst du nicht ;-)
Alles Gute
Friday
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Nicht alles, was schwankt, ist bipolar.
Hätte ich die Kraft nichts zu tun, ich täte nichts.
Man muss sich von sich selbst nicht alles gefallen lassen.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 09.11.21 11:17.
