Re: Thomas Melle

26. 10. 2021 13:27
Milla, ich danke Dir sehr für deine unendlich geduldige Art. Ich weiß, dass ich dem Forum derzeit einiges zumute. Und ich möchte mich dafür auch gerne entschuldigen.
Du fragst:
Quote
milla
Stellst du denn die therapie bei deiner ärztin auch in frage?
Ja, aber wie bereits ausgeführt in enger Begleitung. Zudem ist es in dieser Praxis so, das meine Psychotherapeutin mit in der Praxis ist und dass die beiden sich besprechen. Es ist nicht zuletzt die Arbeit mit der Psychotherapeutin, die mich auch zu all den Infragestellungen geführt hat. Fast könnte man sagen, sie hat mich letztes Jahr in das Saufabenteuer geschickt, Aber das wäre völlig ungerecht. Ich habe gewisse Anmerkungen von ihr so verstanden und dann habe ich meine eigenen, im Rückblick falschen, Entscheidungen getroffen. Ob ich jeweils hypoman und mich dann selbst mit Alkohol therapierend agiere, oder ob ich jeweils einfach lebe und im Falle X zu Alkohol greife, das ist noch zu ergründen. Ich denke, beides ist möglich. Zur Zeit sind einfach all diese psychiatrie-kritischen Gedanken in mir am Arbeiten und mir erschient alles möglich. Ich merke auch beim Mitlesen anderer Threads hier im Forum, dass mir Sätze aus dem dort Gelesenen in den Sinn kommen. Glücklicherweise poste ich dann nicht gleich in diese Threads rein - zumal ich selbst ein Suchender bin, mehr denn je.

Letztes Jahr hatte ich, auch schon mal woanders hier im Forum aufgeschrieben, eine mehrwöchige sehr stressige Phase bei der Arbeit. Anschließend sackte ich in eine depressive Stimmung ( oder Erschöpfungsdepression?), die dann aber nach einem Telefongespräch mit einem Freund in etwas umschlug, dass leicht als Hypomanie gesehen werden könnte. Ich bin es seit 34 Jahren schlicht gewohnt, meine Stimmungen so zu kategorisieren und zu nennen. Ob das jeweils wirklich zutreffend war, ist dahingestellt. Alleine, wenn man hier seit vielen Jahren mitliest und -schreibt, wenn man seit Jahrzehnten Psychiater besucht und ihnen von den aktuellen Beschwernissen erzählt, wenn man in einer SHG aufgenommen wird, weil man eine passende Geschichte hat, dann entwickelt das auch eine Dynamik. Meine Mutter hatte im Alter Depressionen (nachdem mein Vater, der "funktionierende Alkoholiker" trocken geworden war), ist zu vielen Ärzten bis hin zu Wunderheilern gelaufen, hat schließlich bei einem Psychiater eine Lithium-Behandlung begonnen, weil vermutlich nach Behandlung mit Antidepressiva etwas Hypomanisches erkennbar geworden war. Ist dann wegen einer psychotischen Episode (Verfolgungswahn) von mir höchst persönlich ein psychiatrisches Krankenhaus gefahren worden. Hat dann wenige Wochen nach der Entlassung ihre Therapie abgebrochen und sich umgebracht. Eine Schwester von ihr hatte den größten Teil ihres Lebens schwere Depressionen, aber keine Manien. Die ist sehr alte geworden. Und so gab es um mich immer wieder gewisse Bestätigungen, dass auch meine frühe Diagnose richtig gewesen sein könnte. Und der einzige Profi, der sie mal angezweifelt hatte, verschwand zu früh, als dass ich mit ihm Klarheit bekommen konnte.
Vielleicht bin ich nur meines Vaters Kind und ein Mensch, der nicht mit Alkohol umgehen kann. Vielleicht neige ich mütterlicherseits auch Depressionen zu. Vielleicht bin ich bipolar. Aber wer hat das je genau untersucht? Nehmen wir z.B. die Haltung eines Phil Hickey (siehe Link weiter oben), der durchaus nicht anzweifelt, dass es so etwas wie Bipolarität gibt, der aber sagt, dass die einzige Begründung der Diagnose die Beschreibung der Symptome sei. Dass es bis heute keinen Beweis für die Existenz eines bio-chemischen Ungleichgewichts im Hirn gäbe. Dass somit die Definition einer Krankheit nicht möglich sei, da das Konzept Krankheit unumstößliche wissenschaftliche Erkenntnisse zugrunde liegen müssen. Es muss etwas geben, dass man im Körper, im Hirn, im Blut, in Organen immer wieder findet und das die Diagnose begründet. Er zweifelt also. ich zweifele derzeit mit ihm. Denn ausgehend von dieser unwissenschaftlichen Diagnose werden die Kranken mit Psychopharmaka behandelt, die dann das (unbewiesene) bio-chemische Ungleichgewichts im Hirn beeinflussen. Dass das funktioniert und im Kommentarbereich seines Blog-Beitrages künden diverse der 569 Einträge davon, ist aus seiner Sicht eben keine Beweis dafür, dass man von einer Krankheit sprechen könne. Und dass es somit nicht in jedem Fall angemessen ist, Psychopharmaka einzusetzen, die oft eben auch schwere Nebenwirkungen haben können. Er plädiert dafür, dass andere Therapieformen zuerst versucht werden müssen. Und das viel Leid, das er in seiner beruflichen Tätigkeit als Psychologe gesehen habe, vermieden hätte werden können.
Nimmt man dann die reinen Psychopharma-kritiker wie Peter Gøtzsche, Joanna Moncrieff, David Healy und Roger Whitaker hinzu, dann wird mir unwohl bei der Vorstellung, dass ich 22 Jahre Carbamazepin genommen habe, dazu hin und wieder Promethazin und zuletzt Quetiapin. Die Neuroleptika haben mich normalerweise extrem müde gemacht. Und ich habe sie nicht oft genommen. Aber letztes Jahr habe ich phasenweise 450 mg Quetiapin bekommen. Das mag aus Sicht der Schulmedizin auch alles recht und gut gewesen sein. Ich aber frage mich heute, ob ich, noch viel jünger, nicht auch einen ganz anderen Weg hätte nehmen können, wenn man dafür offen gewesen wäre. Ich verstehe einfach nicht, warum es bis heute so schwer ist, diese anderen Möglichkeiten angeboten zu bekommen. Zu gucken, was ist mit diesem Menschen wirklich los, welche Probleme bekommt der nicht alleine bewältigt. Stattdessen gibt es schnell etwas AD o.ä. und dann ist erst mal Ruhe. Und der Mensch geht wieder arbeiten, bis das AD leider eine Hypomanie auslöst. Denn die wirklich Ursache wurde ja nicht angegangen. Die gärt weiter. Neue Diagnose: Bipolar. neue Medikation. Wieder wird nicht geguckt, was ist passiert, was ist die zugrunde liegende allein nicht zu bewältigende Traumatisierung o.ä. Allein in der Arbeitswelt überfordert man so manchen. Dysfunktionale Familien entlassen Kinder in diese Welt. Und die haben dann schlicht nicht die gleiche Ausstattung wie andere, die aus heilen Verhältnissen kommen. Die Anforderungen berücksichtigen das natürlich nicht. Man muss erst auf die Nase fallen. Dann wäre eine guter Zeitpunkt, diese zugrunde liegenden Probleme zu untersuchen. Aber es gibt das DSM, die Psychopharmaka. Naja, das ist es halt, was mich gerade umtreibt. Vermutlich alles Unfug.

Gruß B.

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Bipolar, Typ II, geb. 1965,
aktuelle Med.: seit Herbst 2021 ohne Medikation
früher Carbamazepin und zeitweise Quetiapin
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Thomas Melle

kain 1413 26. 10. 2021 09:07

Re: Thomas Melle

Bohumil 411 26. 10. 2021 11:31

Re: Thomas Melle

Milla 293 26. 10. 2021 12:19

Re: Thomas Melle

Bohumil 294 26. 10. 2021 13:27

Re: Thomas Melle

Milla 255 26. 10. 2021 16:19

Re: Thomas Melle

Bohumil 255 26. 10. 2021 20:05

Re: Thomas Melle

FLYHIGH 408 26. 10. 2021 20:16

Re: Thomas Melle

Bohumil 208 27. 10. 2021 08:26

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Midori 382 26. 10. 2021 20:27

Re: Thomas Melle

Bohumil 248 27. 10. 2021 09:14

Re: Thomas Melle

FLYHIGH 233 27. 10. 2021 11:54

@ Bohumil

Deborah 276 26. 10. 2021 13:23

Re: @ Bohumil

kinswoman 333 26. 10. 2021 14:14

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Bohumil 297 26. 10. 2021 14:27

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Tarzzan 263 26. 10. 2021 14:45

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FLYHIGH 226 26. 10. 2021 14:35

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Bohumil 620 26. 10. 2021 14:57

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FLYHIGH 297 26. 10. 2021 15:22

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Bohumil 471 03. 11. 2021 21:29

Re: Thomas Melle

Katharina 47 590 09. 11. 2021 17:23

Re: Thomas Melle

kain 354 27. 10. 2021 13:43

Re: Thomas Melle

kinswoman 356 29. 10. 2021 10:02



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