Liebe Perterpan,
ich verstehe Deine Skepsis gegenüber Medikamenten. Du hast gute Gründe dafür:
den Selbstmord Deines Bruders trotz Medikamenten, Studien die dagegen sprechen, Angst vor Gewichtszunahme, Angst vor dem Switchen in die Manie.
Das alles sind auch Befürchtungen und teilweise persönliche Erfahrungen von mir in den letzten Jahrzehnten.
Antidepressiva ohne Stimmungsstabilisierer kann ich nicht empfehlen. Da bin ich mehrfach übel geswitcht.
Lithium plus Fluoxetin. Kein Problem. Passt für mich aktuell sehr gut.
Ich bin glücklich, mit meinem Fluoxetin, Lithium, Quetiapin und bei Bedarf Tavor nicht mehr ganz so tief zu fallen wie zwischen 2014 und 2018.
Da habe ich es doch auf stattliche 15 Klinikaufenthalte gebracht und mehrere Suizidversuche.
Ich wünsche niemandem so tief zu fallen.
Wenn es jemand ohne Medikamente schafft, freue ich mich von ganzem Herzen. Halte es ehrlich gesagt inzwischen für sehr gefährlich und unrealistisch.
Auch ich habe ärgerlicherweise durch die Medis ca.10 kg zugenommen. Meine Figur war mir immer wichtig. Heute ist mir mein Überleben und endlich Lebensqualität, Beziehungsfähigkeit, Freude, Sinn in meinem Leben.....wichtig.
Ich habe mehrere Menschen mit dieser Krankheit in den letzten Jahren in den Tod gehen sehen.
Ich habe Freunde, die damit ihre junge Familie zerstört haben, beruflich nichts durchhalten und sich verschuldet haben.
Ich hatte selber Strafanzeigen und 2 Jahre Gerichtsprozesse. Immer wieder Kontakt mit der Polizei in meiner hypomanen Überheblichkeit.
Ein guter Freund aus der Selbsthilfegruppe hat seine Oma und den Onkel durch Selbstmord verloren.Sein Vater auch bipolar ist mit gut 70 Jahren schwer dement.
Ich habe die Zerstörungskraft und die tiefsten Tiefen dieser Krankheit am eigenen Leib erfahren.
Unbehandelt wurden die Phasen immer schwerer und häufiger.
Unbehandelt über viele Jahre und Jahrzehnte steigt auch das Risiko, dass man immer weniger medizinisch helfen kann.
Ich habe kein anderes Anliegen, als Menschen hier dieses unsägliche Leid zu ersparen. Ihnen Mut zu machen mit den Medikamenten dranzubleiben.
Ich wünsche jedem dazu unendlich viel Ausdauer. Die brauchte ich leider.
Ich bin mir nahezu sicher, dass man mir nur noch sehr schwer helfen konnte, weil ich auch erst um Medikamente bettelte als wirklich gar nichts mehr ging ausser mich sieben Wochen auf der geschlossenen Abteilung einzuschließen.
Jeder ist frei. Ich erst mit Medikamenten.
Von Herzen alles Gute.
Frech