Hallo Heike,

ich habe mir den Artikel durchgelesen.
Es ist eine sehr interessante These, die ja offensichtlich schon seit einigen Jahren
ausgearbeitet wurde.
Es stellt sich nur die Frage: Was nützen all diese Expertisen, u.a. der Menschenrechtskommission,
die seit Jahren auf dem Papier stehen, aber doch nichts geändert wird?

Wenn ich das Ganze jetzt auf meine Person beziehe, bin ich davon überzeugt, dass die Polizei
mich ganz gewiss nicht in Gewahrsam genommen hätte (es lag absolut kein Straftatbestand vor) und ich, da ich eine Klinikeinweisung ablehnte, auch nicht dorthin verbracht worden wäre.
Zweifel kommen mir jedoch, wenn ich dann lese:
"Für unmittelbar erforderliche medizinische Maßnahmen kann der rechtfertigende Notstand nach Paragraf 34 StGB
als Rechtsgrundlage dienen";
was das Ganze wiederrum ab absurdum führt.

Eine Änderung der Verfahrensweise wäre allenfalls gewesen, dass ich von der Polizei zuhause in Gewahrsam
genommen worden wäre, auf die Dienststelle gebracht worden wäre, ein psychosozialer Dienst dann dorthin
gekommen wäre und ich von dort aus dann doch in eine Klinik eingewiesen worden wäre,
es sei denn, der psychosoziale Dienst hätte die Ressource, unverzüglich die Krisenbegleitung
zu Hause zu gewährleisten.
"Aufhebung des Polizeigewahrsams zugunsten einer Unterstützung zu Hause oder bei Angehörigen
mit einem ambulanten Krisenteam."

Was in der These als Alternative zur Kinikeinweisung steht:
Hometreatment ( z.B. mobile Teams) und Krisenbegleitung (z.B. durch psychiatrieerfahren Helfer)
würde ich sehr begrüßen.
Auch dadurch, dass die Krisenbegleitung zu Hause möglich sei, würden zahlreiche Klinikaufenthalte
entbehrlich.
Fraglich ist nur, ob ein psychosozialer Dienst sich auf diesen Wunsch einlässt (wenn man bereits
in Polizeigewahrsam ist) oder dann doch die Kandarre gezogen wird und man nur die Wahl hat
zwischen Polizeigewahrsam, unter Umständen Unterbringungshaft oder der Einweisung
in eine psychiatrische Kinik.

Der Artikel ist enthalten in dem Einzelheft Recht und Psychiatrie 4/2019 von Zinkler M.; von Peter S.
zu beziehen über
www.psychiatrie-verlag.de
Ich werde mir mal noch dieses ausführliche Exemplar ansehen.

Ich bin jedenfalls schon mal erleichtert, dass sich doch schon so einige Leute und Institutionen seit
längerer Zeit Gedanken gemacht haben und die bisherige Praxis der Zwangseinweisung und Zwangsbehandlung
in Frage stellen.
Welches Gewicht haben jetzt die Ausarbeitungen der UN-Menschenrechtskonvention und anderer Verfasser,
wenn diese bereits seit geraumer Zeit vorliegen, es sich am System aber doch nichts ändert?


Bis dahin
Gruß, Mania67