Hallo flyhigh,
vielen Dank für die Beschreibung, wie sich Dein hypomanes von Deinem normalen Verhalten unterscheidet. Für mich ist diese Thematik ja noch ganz neu.
"Hypomanien zeigen sich bei mir durch stark gestiegenes Redebedürfnis, sprunghafte Gedanken, oft viele neue Ideen, unbändige Energie trotz sehr wenig Schlaf, übersteigertes Selbstbewusstsein und durch Suchtverhalten im Bereich Konsum und Sex. Früher habe ich dann z.B. auch viel Party gemacht mit Drogen und viel Alkohol, den ich in manischen Zeiten besser vertrage als in normalen Zeiten."
Das in dem Zitat von Dir beschriebene Verhalten ist mir in dieser Ausprägung tatsächlich fremd. Tendenzen in diese Richtung kann ich im Rückblick bei mir durchaus feststellen, aber nicht so ausgeprägt, dass ich mir sicher wäre, dass das eindeutig ein krankhaftes hypomanisches Verhalten war.
In den letzten Tagen hatte ich meinen zweiten Termin bei dem neuen Psychiater. Er hat vor der Gründung der Praxis Anfang des Jahres als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie (VT) in der Institutsambulanz einer Klinik gearbeitet. Von daher gehe ich davon aus, dass sein Wissen aktuell ist. Meine Hausärztin hat mir davon berichtet, dass er bei anderen Patienten gute Behandlungserfolge erzielt habe.
Bei unserem zweiten Termin wurde nochmals deutlich, dass er sicher von einer Bipolar-II-Störung ausgeht und das weniger auf hypomanische Episoden stützt, sondern auf die schon oben genannten Aspekte wie das frühe Auftreten der ersten Depression, die regelmäßigen depressiven Phasen im Winter, die atypische Ausprägung der Depression mit Energieverlust sowie Steigerung von Schlafbedürfnis und Appetit.
Aus dem englischsprachigen Wikipedia-Artikel über die Bipolar-II-Störung geht hervor, dass die Diagnosekriterien dahingehend geändert werden sollen, dass Hypomanie auch dann diagnostiziert werden kann, wenn keine gehobene Stimmung auftritt, sondern nur eine gesteigerte Energie und Aktivität für mindestens zwei Tage.
Ziel der Änderung: zu verhindern, dass Patienten mit einer Tendenz zur Bipolarität Antidepressiva ohne Stimmungsstabilisierer verschrieben bekommen, die Rapid Cycling oder Mischzustände auslösen könnten.
James Phelps mit seinem Ansatz, affektive Störungen auf einem Spektrum zu betrachten, auf dem es möglich ist, dass eine Störung nicht voll bipolar, aber auch nicht unipolar ausgeprägt ist, finde ich in diesem Zusammenhang interessant. Leider scheint es kaum aktuelle deutschsprachige Literatur zu geben, die sich speziell mit der Bipolar-II-Störung beschäftigt. Ich weiß noch nicht, ob ich mich durch ein englischsprachiges Buch kämpfen möchte.
Über eine Internetseite der DGBS habe ich die Kontaktdaten einer Selbsthilfegruppe für Bipolar-Betroffene in meiner Nähe bekommen, die sich ausdrücklich auch an Betroffene mit Bipolar-II-Störungen richtet. Ein persönlicher Erfahrungsaustausch wäre sicher noch intensiver als hier im Online-Forum. Die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe mit zunächst völlig unbekannten Menschen erfordert einen gewissen Mut, den ich bisher noch nicht aufbringen konnte. (Auch ich bin ziemlich introvertiert)
Deine Erfahrungen mit Lamotrigin würden mich interessieren.
Danke für den Austausch.
Viele Grüße
Kroki