Medikamenten wie auch Therapien eine Chance geben!

04. 07. 2021 22:44
Hallo,

als bei mir die Depressionen immer stärker mein Leben bestimmten und dann auch mein berufliches und freizeitliches Leben immer stärker beeinträchtigten bis es dann sogar völlig danieder lag, kam neben Therapie die Sprache auch schnell auf Medikamente. Ich war skeptisch, aber so wie mein Leben verlief hatte ich auch nichts mehr wirklich zu verlieren.

Leider hatte ich das Pech, das ich lange suchen musste, bis ich ein Medikament fand, welches mir tatsächlich half. Davor hatte ich diverse Versuche mit Medis, diverse Nebenwirkungen und fehlende Wirkungen. Es ist tatsächlich oft eine längere Suche, um eine für sich optimale Medikation ob mono oder in Kombination zu finden und dann nochmal die optimale Dosis.

Später fand ich dann ein Medikament, aber ich benötigte 6 Wochen, um mit den Schwierigkeiten, die das Einschleichen verursachten klar zu kommen. 6 Wochen können lange sein und ich war manchmal drauf und dran es sein zu lassen. Aber ich habe durchgehalten und endlich konnte das Medikament seine Wirkung zeigen. Doch nach etwas mehr als einem halben Jahr schien die Wirkung nachzulassen und ich war enttäuscht. Doch mein Arzt und ich versuchten es mit einer Dosiserhöhung und das war dann bei mir auch die richtige Entscheidung.

Allerdings hatte dieses Medikament nicht die Wirkung, dass ich keine Depressionen mehr bekam, aber es nahm mir die Spitzen und es hatte mir überhaupt mal wieder Wochen und Monate gegeben, wo ich mich Depressionsfrei fühlte und mit einem normalen Antrieb wieder ausgestattet war.

So erging es mir auch damals mit Quetiapin, welches ich für das Schlafen verwenden wollte. Zunächst haute es mich sogar in der geringsten Dosis völlig aus den Latschen und ich hatte einen extremen Überhang am nächsten Tag und fühlte mich, als ob ich als Geist herumwandelte, kaum fähig geradeaus zu denken. Auch da dachte ich, dass dieses Medi alles andere als gut wäre, doch ich hielt durch. Nach und nach verbesserte sich mein Zustand und mein Körper schien sich langsam daran zu gewöhnen.

Das ich es schließlich doch nicht weiter nehmen konnte hing damit zusammen, dass sich später bei mir über dieses Medikament ein starkes Restless Leg Syndrom entwickelte.

Ebenso ist es mit Therapien. Klar wenn der erste Eindruck beim Therapeuten/Therapeutin schon so extrem ist, dann wird es oft im Verlauf auch nicht viel besser. Es muss schon irgendwie passen und stimmig sein. Doch wird es auch in der Therapie immer mal wieder vorkommen, das man mit der einen oder anderen Stunde hadert. Doch auch dort sollte man nicht bei den ersten Schwierigkeiten davon laufen sondern wirklich gut relfektieren und es eher bei der nächsten Stunde ansprechen und sagen, was gewesen ist. Oft kann man das dann auflösen und man gibt der Therapie eine Chance.

Man kann bei all dem dennoch kritisch sein, es ist hier nicht ein entweder oder gemeint sondern ein sowohl als auch. Ein kritisches Abwägen von Wirkung und Nebenwirkungen, aber eben auch mit dem Wissen, das sowohl Medikamente, wie auch Therapien ihre Zeit benötigen. Und nicht gleich alles hinwerfen, wenn das erste Medikament oder die erste Therapie nicht gleich das bringen, was man sich selbst davon versprochen hat.

Auch sollte man seine Vorurteile gegenüber dem einen oder anderen mal in den Hintergrund stellen und dem ganzen eine wirkliche und ehrliche Chance geben.

Das bedeutet nicht, das man alles hinnehmen muss, das bedeutet auch nicht, dass man sich mit dem Minimalsten an Lebenszufriedenheit zufrieden geben muss, man darf ruhig versuchen für sich das optimalste heraus zu holen. Aber was das Optimalste ist, kann man nur herausfinden, wenn man das eine oder andere ausprobiert und dann dem zunächst Gewähltem auch eine gewisse Zeit einräumt.

Und meist ist es eh eine Kombination aus verschiedenen Strategien. Auch wenn man Medikamente nimmt bedeutet es für die meisten nicht, dass sie dann die Hände in den Schoß legen können. Es bedarf auch dann ein Lernen, um mit sich, seinen Grenzen und Beschränkunen und den Herausforderungen umgehen zu können, was ebenso Zeit in Anspruch nimmt.

Viele Grüße Heike

------------------ Signatur --------------------------

Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.

"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).
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Medikamenten wie auch Therapien eine Chance geben!

Heike 863 04. 07. 2021 22:44

Re: Medikamenten wie auch Therapien eine Chance geben!

SearchMyself 236 05. 07. 2021 08:08

Re: Medikamenten wie auch Therapien eine Chance geben!

Heike 286 05. 07. 2021 13:09

Re: Medikamenten wie auch Therapien eine Chance geben!

Skandal 181 05. 07. 2021 12:45

Re: Medikamenten wie auch Therapien eine Chance geben!

Heike 496 05. 07. 2021 13:20



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