Ich habe eine ganze Weile gezögert, Dir etwas zu antworten. Aber ich will es jetzt doch versuchen.
Ich habe in jungen Jahren auch mal ein
zwar nur künstlerisches Studium begonnen. Nach dem ersten Studienjahr riet man mir, mich innerhalb der Schule noch mal neu zu orientieren - die Fachrichtung bzw. die gewählte Kunst zu überdenken. Ich sei eventuell nicht ganz richtig bei den ... und solle mir doch mal die ... ansehen. Über den Sommer bekam ich dann eine Mandelentzündung, die der dortige Arzt ganz menschengemäß mit wochenlangen Zitronenwickeln behandelte. Derweil sackte ich in eine Depression. Er sagte, zuerst das Physische, dann das Psychische. Es kam dann so, dass das neue Studienjahr ohne mich begann. Denn ich hatte weder die Kraft, mich bei der neuen Kunstrichtung richtig zu bewerben noch die, meine alten Platz zurückzufordern.
Diagnostiziert war ich zu der Zeit zwar schon, aber in Behandlung war ich nicht.
Viele Jahre später, und nach diversen Versuchen und nach einer Abwärtsspirale, die auch mit immer mehr Alkohol zu tun hatte, bin ich dann in einer Ausbildung gelandet, die mich in einen ganz unkünstlerischen Beruf brachte. Zu der Zeit habe ich es dann auch aufgegeben, es ohne Behandlung zu versuchen. Ich bin jetzt 56, zwar etwas ausgebrannt in meinem Beruf, aber ich habe immerhin eine Familie gegründet und behalten, wir hatten bis jetzt ein gutes Auskommen, und meine beiden Kinder sind aus dem Gröbsten raus.
Es war nicht immer leicht, aber es ging.
Ob ich damals den falschen oder den richtigen Weg verlassen habe, weiß ich nicht. Aber mit früherer und besserer ärztlicher Unterstützung wäre mein Berufsweg vielleicht ein ganz anderer gewesen.
Ich weiß nicht, ob Dir diese meine Geschichte etwas sagen kann, aber ich dachte, ich steuere sie mal bei.
Gruß B.
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Bipolar, Typ II, geb. 1965,
aktuelle Med.: seit Herbst 2021 ohne Medikation
früher Carbamazepin und zeitweise Quetiapin