Ich bin Anfang 30 (w) und mit Bipolar 1 diagnostiziert. Erkrankt bin ich seit ca. 8 Jahren, aber erst seit kurzem unter Lithium und Quetiapin, da ich endlich eine tolle Ärztin gefunden habe, die mir diese Medikation verschreibt.
Ich habe demnach noch keine Langzeiterfahrung unter diesen Medis, aber meine Hoffnung, ein stabiles Leben damit führen zu können, ist riesig. Ich hatte vor dem Einschleichen dieser Kombi zuletzt eine Depression und kurz darauf eine Manie, im Moment fühle ich mich stabil und "normal gut". Ich gehe arbeiten, studiere nebenbei und habe eine sehr innige Beziehung, wir wollen heiraten. Ich plane ehrlich gesagt ein "ganz normales Leben" und nehme keine Rücksicht auf meine Erkrankung, sprich ich lasse mir meine Träume und Wünsche davon nicht kaputt machen. Natürlich habe ich gerade beim Thema Kinderwunsch darüber nachgedacht, ob ich diesen mit meiner Krankheit verfolgen "sollte". Meine Antwort ist: JA. Ich bin so viel mehr als nur eine Bipolare, ich weiß dass ich eine tolle Mutter und ein gutes Vorbild für ein Kind sein kann. Dazu habe ich das Glück, einen wunderbaren Partner gefunden zu haben, der meine Defizite ausgleichen kann... Ich denke, es geht nicht darum, ein "perfekter Mensch" ohne Krankheiten und Probleme zu sein, um Eltern zu werden, sondern darum, mit welcher Einstellung man durchs Leben geht und welche Werte man seinem Nachwuchs vermitteln kann. Ich bin zwar krank und habe zahlreiche schwere Depressionen durchlitten, aber ich würde mich trotzdem als sehr lebensfrohen und positiv eingestellten Menschen einschätzen. Und genau diesen Kämpfergeist, das Nicht Aufgeben, das aus allem das Beste machen, das sind Dinge, die es am Ende ausmachen. Nicht die Hindernisse zählen, sondern die Fähigkeit, sich ihnen zu stellen. Ich bin meiner Krankheit auch für einiges dankbar, so blöd es klingt. Viele Dinge in meinem Leben sind nur wegen meiner bipolaren Störung so passiert und hatten - am Ende - etwas Gutes an sich. Ich habe Freunde verloren, weiß aber, wer meine echten Freunde sind, auf die ich zählen kann. Ich weiß, was ich beruflich machen möchte, ich weiß, wie sehr ich mich auf meinen Partner verlassen kann und dass er jede Krise mit mir meistern wird. In einer gewissen Weise fühle ich mich durch alles, was ich erlebt habe, sogar ein bisschen näher zu mir selbst als es wohl die meisten Menschen sind, die ohne große Probleme durchs Leben gehen. Ich habe mich einfach, weil ich es musste, viel intensiver mit mir und meinen Werten, Wünschen und Glaubenssätzen beschäftigt als es ein normaler, gesunder Mensch wahrscheinlich täte. Und das hat mich bisher immer weiter gebracht. Aber: die Geschichte ist ja noch lange nicht zu Ende. Bin gespannt, wie es weitergeht :)