Ich hatte das meiner Psychiaterin auch schon mal vorgeschlagen. Aber sie ist der Meinung, es sei für mich nicht das Richtige. Ich habe ion den letzten 3-4 Jahren jedes mal in der Hochphase gesoffen, und das hält sie dann für zu gefährlich. Ich habe mir zwar sehr eindringlich vorgenommen, das nicht wieder zu tun. Aber für sie ist das eben erst mal nur abzuwarten.
Sie hat mir aber drei andere Meds vorgeschlagen: Olanzapin, Quetiapin, Risperidon
Ich solle mich darüber mal schlau machen. Leider bin ich in der Recherche-Phase etwas vom Weg abgekommen - siehe:
https://www.bipolar-forum.de/read.php?5,596054,689215#msg-689215
Und ich bin aktuell ganz gewiss nicht mehr der Meinung, ich müsse meine Diagnose anzweifeln. Aber für die Unwägbarkeit einer anderen Medikation bin ich gerade auch nicht bereit. Ich hatte zuletzt eher darum gebeten, mich zunächst mal aus dem Carbamazepin auszuschleichen. Denn so richtig davon profitiert habe ich nie. Keine Hilfe bei Depression. Kaum Hilfe bei Hypomanie. Letzteres kann ich natürlich schwer beurteilen, denn ich nehme es seit 21 Jahren. Und es ist wohl so, dass mein Rückfall in die Sauferei das eigentliche Übel darstellt. Daher lege ich jetzt am meisten Hoffnung auf die Abstinenz.
Und wenn ich zu sehr steigen sollte, könnte man ja mit Quetiapin o.ä. gegensteuern.
Ich habe zuletzt einfach zu viel psychopharma-kritisches Zeug gelesen, als dass ich jetzt leicht in die nächste Dauermedikation gehen mag.
Ich glaube eher an die Meinung einer guten Freundin, die meinte, ich müsse vor allem in meinem Leben einiges richten. Und gestern fand ich die
"Blaue Broschüre". Und darin steht auch so einiges über Arbeit abseits der Medikation, die ich wohl noch nicht geleistete habe.
Zitate daraus, die mir sehr nahe gingen und bei denen ich dachte, warum nur hast Du das nie so erläutert bekommen:
"Wer depressiv wird, ist verzweifelt traurig. Er trauert und
versucht zugleich, dem Gram zu entkommen. Er flieht in Leere und Distanz von sich selbst, und
nährt so die Verzweiflung. Die Notwendigkeit, die eigene Einstellung zum Leben zu ändern, wird
geahnt und zugleich verdrängt - aus Angst vor Verlusten.
Manie ist nicht gleich Glück. Wer wirklich glücklich ist, wem das Leben glückt, der braucht nicht
manisch zu werden. Wer manisch wird, ist verzweifelt glücklich. Er sucht das Glück, wo er es nie
finden wird - weit weg von sich selbst. Die eigene Anstrengung geht dabei so sehr über alle Kräfte,
dass die anfängliche Euphorie bald der Angst weicht und die Verzweiflung immer größer wird."
"Eine immer gleich bleibende Stimmungslage, ein immer gleicher Aktivitätspegel und eine immer
gleiche Wahrnehmung derselben Dinge sind kaum vorstellbar und, wenn überhaupt möglich,
extrem langweilig. Fast alle Menschen kennen nicht nur momentane Schwankungen, sondern auch
lange andauernde
kreative Schaffensphasen und Zeiten, die von Selbstzweifeln geprägt sind. Das dringt nicht immer
nach außen. Werbung und Kultur zeichnen ein anderes Bild, wie die Menschen sein sollen: ewig
jung, ewig aktiv und penetrant schön. Wer sich im Freundeskreis umhört, erfährt von vielen
schweren Krisen und kaum nachvollziehbaren Zuständen. Es macht keinen Sinn, alle
Abweichungen von der Norm als Vorstufe von Krankheit anzusehen."
"Die Veränderung von Stimmung, Wahrnehmung und Denken allein ist also nicht unbedingt etwas
Bedrohliches. Doch können die Veränderungen so weit gehen, dass alle Selbstverständlichkeit
aufgehoben erscheint und der einzelne Mensch, seine Familie und seine Umgebung damit nicht
mehr allein fertig werden. Wie viel Besonderheit wir integrieren können, hängt nicht nur von den
Erfahrungen jedes Einzelnen ab, sondern auch von der Kultur, in der wir leben, und von dem
Menschenbild, das wir haben. Deshalb ist es wenig hilfreich, wenn die Gesellschaft ein sehr enges
Bild von Normalität vertritt und die Psychiatrie immer eilfertiger und sehr formal Spielarten des
Seins als krank bewertet"
"Während bei kognitiven/schizophrenen Psychosen oft das Selbstgefühl verändert ist, können
Depressionen und Manien vor allem Ausdruck eines unzureichenden Selbstwertgefühls sein. Vor
dem Hintergrund eines vielleicht ohnehin geringen „Grundkapitals an Selbstsicherheit“ führen
zusätzliche Kränkungen, Misserfolge und traumatische Erlebnisse, oft verbunden mit überhöhten
Anforderungen und Erwartungen, in die Depression. Die Depression selbst beschleunigt dann noch
den Teufelskreis der Selbstentwertung. Aber auch im Hochgefühl der Manie wird das
Selbstbewusstsein nicht wirklich genährt, die Selbstabwertung geschieht nur verzögert und oft erst
infolge der negativen Reaktionen der Umgebung.
Eigene Maßstäbe
Menschen, die in diesem Sinne zu Extremen neigen, sind in der Regel nicht zu wenig, sondern zu
viel von einengenden Normen geprägt. Sie fühlen sich fremden Erwartungen ohnmächtig
ausgeliefert. In Depressionen ist das offenkundig. Das „Über-Ich“ scheint das „Ich“ zu erdrücken.
Doch entgegen dem Anschein haben auch Menschen, die zu Manien neigen, die sozialen Normen
meist tief verinnerlicht. In der Manie stellen sie die herrschenden Maßstäbe in provozierender
Weise in Frage, ohne sie jedoch wirklich aufgeben zu können: Das „Über-Ich“ scheint außer Kraft
gesetzt, doch das „Ich“ kann den Raum nicht füllen. Auch manische Menschen brauchen
Ermutigung, ihre unkonventionellen Seiten im Normalen zu integrieren, statt sie für die Manie oder
auch für schizophrene Psychosen aufzuheben.
Schutzmechanismen
Beide Zustände – Manie und Depression – bedeuten nicht nur Störung. Sie stabilisieren zugleich,
wenn auch nur vorübergehend und unzureichend, das innere emotionale Gleichgewicht: Die Manie
entlastet, indem sie fremde Erwartungen und eigene Normen sprengt, vor allem die eigene Angst
davor abwehren hilft - allerdings um einen hohen Preis, weil diese Abwehr auf Dauer nicht gelingen
kann. Die Depression schützt, indem sie Verzweiflung bindet, gewissermaßen einfriert und zugleich
der Umsetzung von Selbsttötungsabsichten eine innere Lähmung entgegensetzt. Alle
Schlechtigkeiten der Welt im Inneren vorwegzunehmen ist ein depressionstypischer Teufelskreis.
Das eigene Scheitern selbst zu organisieren erweckt zumindest den Anschein von Souveränität"
Ja, so viel mal, was die Zitate angeht. Mit anderen Worten, ich bin derzeit sehr verunsichert und auf der Suche.
Gruß B.
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Bipolar, Typ II, geb. 1965,
aktuelle Med.: seit Herbst 2021 ohne Medikation
früher Carbamazepin und zeitweise Quetiapin