Re: warum denn nicht Lithium?

04. 05. 2021 08:46
Ich hatte das meiner Psychiaterin auch schon mal vorgeschlagen. Aber sie ist der Meinung, es sei für mich nicht das Richtige. Ich habe ion den letzten 3-4 Jahren jedes mal in der Hochphase gesoffen, und das hält sie dann für zu gefährlich. Ich habe mir zwar sehr eindringlich vorgenommen, das nicht wieder zu tun. Aber für sie ist das eben erst mal nur abzuwarten.
Sie hat mir aber drei andere Meds vorgeschlagen: Olanzapin, Quetiapin, Risperidon
Ich solle mich darüber mal schlau machen. Leider bin ich in der Recherche-Phase etwas vom Weg abgekommen - siehe: https://www.bipolar-forum.de/read.php?5,596054,689215#msg-689215
Und ich bin aktuell ganz gewiss nicht mehr der Meinung, ich müsse meine Diagnose anzweifeln. Aber für die Unwägbarkeit einer anderen Medikation bin ich gerade auch nicht bereit. Ich hatte zuletzt eher darum gebeten, mich zunächst mal aus dem Carbamazepin auszuschleichen. Denn so richtig davon profitiert habe ich nie. Keine Hilfe bei Depression. Kaum Hilfe bei Hypomanie. Letzteres kann ich natürlich schwer beurteilen, denn ich nehme es seit 21 Jahren. Und es ist wohl so, dass mein Rückfall in die Sauferei das eigentliche Übel darstellt. Daher lege ich jetzt am meisten Hoffnung auf die Abstinenz.
Und wenn ich zu sehr steigen sollte, könnte man ja mit Quetiapin o.ä. gegensteuern.
Ich habe zuletzt einfach zu viel psychopharma-kritisches Zeug gelesen, als dass ich jetzt leicht in die nächste Dauermedikation gehen mag.
Ich glaube eher an die Meinung einer guten Freundin, die meinte, ich müsse vor allem in meinem Leben einiges richten. Und gestern fand ich die "Blaue Broschüre". Und darin steht auch so einiges über Arbeit abseits der Medikation, die ich wohl noch nicht geleistete habe.

Zitate daraus, die mir sehr nahe gingen und bei denen ich dachte, warum nur hast Du das nie so erläutert bekommen:

"Wer depressiv wird, ist verzweifelt traurig. Er trauert und
versucht zugleich, dem Gram zu entkommen. Er flieht in Leere und Distanz von sich selbst, und
nährt so die Verzweiflung. Die Notwendigkeit, die eigene Einstellung zum Leben zu ändern, wird
geahnt und zugleich verdrängt - aus Angst vor Verlusten.
Manie ist nicht gleich Glück. Wer wirklich glücklich ist, wem das Leben glückt, der braucht nicht
manisch zu werden. Wer manisch wird, ist verzweifelt glücklich. Er sucht das Glück, wo er es nie
finden wird - weit weg von sich selbst. Die eigene Anstrengung geht dabei so sehr über alle Kräfte,
dass die anfängliche Euphorie bald der Angst weicht und die Verzweiflung immer größer wird."

"Eine immer gleich bleibende Stimmungslage, ein immer gleicher Aktivitätspegel und eine immer
gleiche Wahrnehmung derselben Dinge sind kaum vorstellbar und, wenn überhaupt möglich,
extrem langweilig. Fast alle Menschen kennen nicht nur momentane Schwankungen, sondern auch
lange andauernde
kreative Schaffensphasen und Zeiten, die von Selbstzweifeln geprägt sind. Das dringt nicht immer
nach außen. Werbung und Kultur zeichnen ein anderes Bild, wie die Menschen sein sollen: ewig
jung, ewig aktiv und penetrant schön. Wer sich im Freundeskreis umhört, erfährt von vielen
schweren Krisen und kaum nachvollziehbaren Zuständen. Es macht keinen Sinn, alle
Abweichungen von der Norm als Vorstufe von Krankheit anzusehen."

"Die Veränderung von Stimmung, Wahrnehmung und Denken allein ist also nicht unbedingt etwas
Bedrohliches. Doch können die Veränderungen so weit gehen, dass alle Selbstverständlichkeit
aufgehoben erscheint und der einzelne Mensch, seine Familie und seine Umgebung damit nicht
mehr allein fertig werden. Wie viel Besonderheit wir integrieren können, hängt nicht nur von den
Erfahrungen jedes Einzelnen ab, sondern auch von der Kultur, in der wir leben, und von dem
Menschenbild, das wir haben. Deshalb ist es wenig hilfreich, wenn die Gesellschaft ein sehr enges
Bild von Normalität vertritt und die Psychiatrie immer eilfertiger und sehr formal Spielarten des
Seins als krank bewertet"

"Während bei kognitiven/schizophrenen Psychosen oft das Selbstgefühl verändert ist, können
Depressionen und Manien vor allem Ausdruck eines unzureichenden Selbstwertgefühls sein. Vor
dem Hintergrund eines vielleicht ohnehin geringen „Grundkapitals an Selbstsicherheit“ führen
zusätzliche Kränkungen, Misserfolge und traumatische Erlebnisse, oft verbunden mit überhöhten
Anforderungen und Erwartungen, in die Depression. Die Depression selbst beschleunigt dann noch
den Teufelskreis der Selbstentwertung. Aber auch im Hochgefühl der Manie wird das
Selbstbewusstsein nicht wirklich genährt, die Selbstabwertung geschieht nur verzögert und oft erst
infolge der negativen Reaktionen der Umgebung.

Eigene Maßstäbe

Menschen, die in diesem Sinne zu Extremen neigen, sind in der Regel nicht zu wenig, sondern zu
viel von einengenden Normen geprägt. Sie fühlen sich fremden Erwartungen ohnmächtig
ausgeliefert. In Depressionen ist das offenkundig. Das „Über-Ich“ scheint das „Ich“ zu erdrücken.
Doch entgegen dem Anschein haben auch Menschen, die zu Manien neigen, die sozialen Normen
meist tief verinnerlicht. In der Manie stellen sie die herrschenden Maßstäbe in provozierender
Weise in Frage, ohne sie jedoch wirklich aufgeben zu können: Das „Über-Ich“ scheint außer Kraft
gesetzt, doch das „Ich“ kann den Raum nicht füllen. Auch manische Menschen brauchen
Ermutigung, ihre unkonventionellen Seiten im Normalen zu integrieren, statt sie für die Manie oder
auch für schizophrene Psychosen aufzuheben.

Schutzmechanismen

Beide Zustände – Manie und Depression – bedeuten nicht nur Störung. Sie stabilisieren zugleich,
wenn auch nur vorübergehend und unzureichend, das innere emotionale Gleichgewicht: Die Manie
entlastet, indem sie fremde Erwartungen und eigene Normen sprengt, vor allem die eigene Angst
davor abwehren hilft - allerdings um einen hohen Preis, weil diese Abwehr auf Dauer nicht gelingen
kann. Die Depression schützt, indem sie Verzweiflung bindet, gewissermaßen einfriert und zugleich
der Umsetzung von Selbsttötungsabsichten eine innere Lähmung entgegensetzt. Alle
Schlechtigkeiten der Welt im Inneren vorwegzunehmen ist ein depressionstypischer Teufelskreis.
Das eigene Scheitern selbst zu organisieren erweckt zumindest den Anschein von Souveränität"

Ja, so viel mal, was die Zitate angeht. Mit anderen Worten, ich bin derzeit sehr verunsichert und auf der Suche.

Gruß B.

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Bipolar, Typ II, geb. 1965,
aktuelle Med.: seit Herbst 2021 ohne Medikation
früher Carbamazepin und zeitweise Quetiapin
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Quetiapin ausgeschlichen, jetzt oft depressiv

Bohumil 2167 06. 04. 2021 11:00

Re: Quetiapin ausgeschlichen, jetzt oft depressiv

FLYHIGH 386 06. 04. 2021 11:30

Re: Quetiapin ausgeschlichen, jetzt oft depressiv

Bohumil 424 06. 04. 2021 12:14

Re: Quetiapin ausgeschlichen, jetzt oft depressiv

FLYHIGH 529 06. 04. 2021 12:25

Re: Quetiapin ausgeschlichen, jetzt oft depressiv

Bohumil 446 06. 04. 2021 15:08

Re: Quetiapin ausgeschlichen, jetzt oft depressiv

downtoearthguy 274 11. 04. 2021 14:44

Alkohol und Quetiapin

Lichtblick 405 06. 04. 2021 14:24

Re: Alkohol und Quetiapin

Bohumil 571 06. 04. 2021 15:06

Re: Alkohol und Quetiapin

Lady bug 578 07. 04. 2021 13:52

Re: Quetiapin ausgeschlichen, jetzt oft depressiv

Zora 591 08. 04. 2021 07:40

Re: Quetiapin ausgeschlichen, jetzt oft depressiv

Bohumil 340 09. 04. 2021 10:28

Re: Quetiapin ausgeschlichen, jetzt oft depressiv

Mania67 370 09. 04. 2021 11:30

Re: Quetiapin ausgeschlichen, jetzt oft depressiv

Zora 447 10. 04. 2021 11:52

Re: Quetiapin ausgeschlichen, jetzt oft depressiv@zora

Mania67 357 10. 04. 2021 13:04

Re: Quetiapin ausgeschlichen, jetzt oft depressiv@zora

Zora 612 10. 04. 2021 13:42

Re: Quetiapin ausgeschlichen, jetzt oft depressiv@zora

zuma 431 10. 04. 2021 16:09

Re: Quetiapin ausgeschlichen, jetzt oft depressiv@zora

Bohumil 791 11. 04. 2021 13:17

Re: Quetiapin ausgeschlichen, jetzt oft depressiv@zora

Mania67 266 11. 04. 2021 13:42

Re: Quetiapin ausgeschlichen, jetzt oft depressiv@zora

Bohumil 266 11. 04. 2021 13:46

Re: Quetiapin ausgeschlichen, jetzt oft depressiv@zora

Mania67 781 11. 04. 2021 16:49

Re: Quetiapin ausgeschlichen, jetzt oft depressiv

Mania67 430 16. 04. 2021 16:17

Re: Quetiapin ausgeschlichen, jetzt oft depressiv

Bohumil 268 20. 04. 2021 06:46

Re: Quetiapin ausgeschlichen, jetzt oft depressiv

Mania67 285 23. 04. 2021 16:50

Re: Quetiapin ausgeschlichen, jetzt oft depressiv

Mizar 461 30. 04. 2021 21:53

Re: @ Bohumil

Zora 185 02. 05. 2021 13:54

Re: @ Bohumil

Bohumil 194 03. 05. 2021 14:47

warum denn nicht Lithium?

Roquentin 214 03. 05. 2021 19:11

Re: warum denn nicht Lithium?

Bohumil 224 04. 05. 2021 08:46

Re: warum denn nicht Lithium?

Almandin 188 04. 05. 2021 09:20

Lithium contra Valproinsäure

Almandin 191 04. 05. 2021 10:47

Re: Lithium contra Valproinsäure

kinswoman 519 04. 05. 2021 11:14

Re: Lithium contra Valproinsäure

Almandin 198 04. 05. 2021 14:06

Re: Lithium contra Valproinsäure

Friday 267 04. 05. 2021 13:20

Re: Lithium contra Valproinsäure

Almandin 158 04. 05. 2021 14:11

Re: warum denn nicht Lithium?

FLYHIGH 182 04. 05. 2021 11:52

Re: warum denn nicht Lithium?

Bohumil 160 04. 05. 2021 15:01

Re: warum denn nicht Lithium?

FLYHIGH 275 04. 05. 2021 15:52

Lithium und Alkohol - meine Erfahrung

Roquentin 170 04. 05. 2021 17:20

Re: Lithium und Alkohol - meine Erfahrung

SearchMyself 382 04. 05. 2021 19:39



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