Re: Kinder und Elternbeziehung mit Bipo

12. 04. 2021 19:40
Hallo Turicum,

ich habe lange überlegt, ob ich antworten soll...
Aber ich kann soweit gut nachvollziehen, wie es dir geht. Bei mir sind die Verhältnisse zwar etwas anders, aber ich kenne Beziehungsprobleme zum eigenen Kind.

Ich habe 2 Kinder, 4 und 7 Jahre. Das jüngere Kind habe ich mit meinem jetzigen Mann bekommen, ich liebe sie über alles.

Das ältere Kind habe ich mit einem Ex-Mann bekommen. Ich hoffte damals, dass ein Kind alles besser macht. Sie war ein Wunschkind, aber gleichzeitig auch an die Hoffnung gekoppelt, dass alles besser wird. Was es natürlich nicht wurde. Sie kam auf die Welt und ich erlegte ihr gleich schon unbewusst mit dieser Hoffnung eine riesige Last auf.

Hinzu kam, dass ich von Beginn an mit allem alleine und überfordert war: Eine Ehe, die nicht so doll war, meine eigenen Probleme (und da war die bipolare Störung noch nicht diagnostiziert), ich war mitten im stressigen Referendariat, ich war immer im Stress, mit allem alleine (auch mit der Erziehung, meinen ExMann kümmerte das alles wenig, denn er war nur am arbeiten). Es war also alles von Beginn an nicht einfach. Hinzu kam, dass mein Ex und ich ganz verschiedene Vorstellungen von Erziehung hatten, fast täglich konnte ich mir von ihm Sprüche anhören, wurde klein gemacht ("Ich erziehe, wie ich erziehe und Du erziehst, wie du erziehst!") Nichts, was ich machte, war gut genug. Ich hatte also von Anfang an keine Chance auf eine gute Bindung mit meiner Tochter.

Als sie dann 2 Jahre war, schaffte ich es endlich, mich von meinem Ex zu trennen. Ich hatte einen neuen Partner (meinen heutigen Mann), der mich mit allem unterstützte. Meine Tochter wurde verhaltensauffällig. Sie wurde aggressiv. Mein Ex schonte sie nicht, seine Streitigkeiten VOR ihr mit mir auszutragen. Ich versuchte, sie zu schützen. Was natürlich so nicht gelang, da mein Ex keine Rücksicht nahm.

Meine Tochter wurde mir gegenüber immer aggressiver... Mittlerweile ist zwar die Beziehung zu meinem Ex Mann in Ordnung. wir sind geschieden, beide neu verheiratet, er hat auch wieder ein Kind bekommen.

Aber:
Das Verhältnis zu meiner großen Tochter ist schwierig. Letztes Jahr (2020) spitzte sich alles zu.
Wo sie konnte, ging sie gegen mich. Wurde aggressiv. Trug das auch in die Schule. Rastete aus... Es fällt mir immer noch extrem schwer, darüber zu schreiben. Es wurde so schlimm, dass wir uns professionelle Hilfe suchten. Sie kam in eine Kinderpsychologische Klinik. Immer wenn dann Kontakt mit mir war, rastete sie wieder aus.

Sie war dort 7 Wochen alleine, mein Ex Mann kümmerte sich mit mir und meinem Mann dort um sie, am Wochenende war sie dann abwechselnd bei mir und meinem Ex zu Besuch. Bei mir kam es zu Ausrastern, bei meinem Ex Mann war es gut.

Ich ging dann mit ihr gemeinsam noch 3 Wochen auf die Mutter-Kind-Station dort. Durch intensive Betreuung und Gespräche wurde eine Bindungsstörung festgestellt. Ich gestand mir endlich ein, dass ich zu ihr keine wirkliche Bindung habe. Dass es Situationen gibt, wo ich sie - oft unbewusst - abweise... Es war eine sehr sehr schlimme Zeit für mich und eine sehr schlimme Erkenntnis.

Wir entschlossen dann alle gemeinsam mit Therapeuten, Jugendamt und Co., dass sie zu ihrem Vater zieht. Dass ein Weiterleben in meinem Haushalt nicht mehr möglich ist. Zumal ich zu der Zeit schon depressiv war. Sie zog aus und ich ging in eine Klinik, wo dann auch die bipolare Störung diagnostiziert wurde... Das war alles letztes Jahr von August bis Dezember. Es war der Horror. Es ist immer noch tageweise der totale Horror für mich. Ich fühle mich dann schlecht, als hätte ich versagt.

Meine Tochter ist weiter in enger psychologischer Betreuung, ich auch. Sie besucht mich jedes 2. Wochenende, was mir nicht immer leicht fällt. Außerdem haben wir 2 Telefontage in der Woche. Ich merke, dass ich zu ihr nicht wirklich eine Beziehung, Bindung oder so viel Liebe habe. Das ist extrem schlimm für mich. Ich bin doch ihre Mama. Ich denke mir, ich MUSS sie doch lieben... Alle sagen, ich hätte keine Schuld etc. Aber - je nach Befinden - kommt das nicht bei mir an... Es ist hart... Sehr hart. Ich weiß auch nicht, was die Zukunft bringt. Aber ich wünsche mir natürlich, dass mein Verhältnis zu ihr besser wird... Ich kann mit ihr umgehen, aber kuscheln und Nähe fallen mir schwer. Es ist bei ihr so, wie ich aufgewachsen bin. Die Therapeuten sagen zu mir, dass ich das an sie weiter gebe, was ich als Kind erlebt habe - vieles auch unbewusst...

Mein ExMann versteht meine Krankheit gar nicht, hat auch wenig Verständnis... Aber da muss ich durch... Irgendwie Abstand davon nehmen, was er denkt... Auch meine Eltern verstehen kaum, wie ich mich so "dranstellen" kann... Du siehst also, auch ich habe schwierige Verhältnisse...

Wir schaffen das - irgendwie - Kopf hoch!
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Kinder und Elternbeziehung mit Bipo

Turicum 1413 05. 04. 2021 13:12

Re: Kinder und Elternbeziehung mit Bipo

dry 712 05. 04. 2021 13:33

Re: Kinder und Elternbeziehung mit Bipo

A20213 548 05. 04. 2021 14:22

Re: Kinder und Elternbeziehung mit Bipo

A20213 370 05. 04. 2021 15:16

Re: Kinder und Elternbeziehung mit Bipo

Turicum 276 06. 04. 2021 13:11

Re: Kinder und Elternbeziehung mit Bipo

Milla 360 06. 04. 2021 14:27

Re: Kinder und Elternbeziehung mit Bipo

SPITZMAUS 298 11. 04. 2021 20:55

Re: Kinder und Elternbeziehung mit Bipo

kinswoman 311 11. 04. 2021 21:15

Re: Kinder und Elternbeziehung mit Bipo

mrsblass1804 266 12. 04. 2021 19:40

Re: Kinder und Elternbeziehung mit Bipo

soulvision 241 12. 04. 2021 20:22

Re: Kinder und Elternbeziehung mit Bipo

Turicum 477 13. 04. 2021 07:01



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