Hey,
Willkommen hier im Forum! Ich sende dir auf diesem Weg viel Kraft und starke Nerven! Was ich dir schreibe basiert auf meinen eigenen Erfahrungen und dem was ich gelesen habe, ich bin weder Therapeut noch zertifizierter Experte. Nimm dir was du gebrauchen kannst und lass den rest weg....
So wie du das mit dem „Erwachen“ beschreibst liest man hier immer wieder von Betroffenen. Manche sagen es geht wie ein „Schnip“, habe aber auch gelesen, dass es Tage oder Wochen dauert, immer wieder mit manischen Gedanken und Rückfällen, bis es dann (hoffentlich) zu absoluten Einsicht kommt. Dann folgt oft eine Depression.
Ich bin leider in einer ähnlichen Situation. Meine Frau hat uns (mich und unsere 3 gemeinsamen Kinder) quasi von heute auf morgen verlassen. Rückblickend war sie etwa 4-5 Wochen (hypo)manisch und ist dann komplett in der Manie aufgegangen, mit all den grausamen, unfassbaren Sachen, die man über eine Manie liest. Mir hat das Forum in erster Instanz sehr geholfen. Hier sind wirklich tolle Menschen, die wissen was sie tun, was sie sagen, die ähnliches erlebt haben wie du oder dein Mann. Auch der psychiatrische Notdienst und Gespräche mit (teilweise ihren) Ärzten haben geholfen und Recherche... Ich habe soviel gelesen, geforscht, gesprochen.
Es klingt immer total blöd, aber achte auf dich, auf deine Tochter. Versucht euch emotional von der Situation zu lösen. Ich habe das Gefühl, dass man dem geliebten Partner in der Manie nicht helfen kann. Ich habe es am Anfang auf so viele Arten probiert und wurde sooo oft enttäuscht. Die Tür ist angelehnt, ich würde soooo gerne helfen, für sie da sein - aber ich habe akzeptiert, dass ich es zu diesem Zeitpunkt nicht kann. Also lebe ich unser Leben alleine weiter. Habe mich um alles gekümmert, das Geld gesichert, die Fixkosten auf ein anderes Konto umgelegt, den Kindergarten gewechselt - für Betreuung gesorgt während ich weiter arbeiten gehe etc.
Kinswoman hat dir das super zusammen gelassen. Es gibt auch viele hilfreiche Artikel hier im Forum, Richtlinien Tips zum Umgang mit Erkrankten, Adressen etc.
Als Angehöriger bzw. gesunder Mensch ist es schwer bis unmöglich nachzuvollziehen was mit einem Bipolaren in der Manie passiert, denn er handelt einfach nicht logisch, nicht wie der Mensch, der er vorher war, den Menschen den man mit all seinen Facetten kennen und lieben gelernt hat. So oft habe ich den Gedanken „über alles zu reden“ - das geht aber nicht „stichfest mit Beispielen zu argumentieren“ keine Chance - „ihr alles erklären“ geht nicht, „sie in den Arm zu nehmen und ihr einfach helfen zu wollen“ geht nicht „sie überreden in die Klinik zu gehen“ - vergiss es... Meine Frau ist auch komplett wesensverändert - alle Werte, alle Normen, alle logischen oder „sozial gelernten“ Ansichten oder Verhaltensweisen hat sie über Bord geworfen. Wie eine entfesselte Naturgewalt.... wir haben viele schwere Zeiten durchgemacht, Phasen der Depression, oft ohne oder mit sehr wenig Licht am Ende des Tunnels und wir haben diese gemeinsam überstanden und sind dadurch zusammengewachsen, aber was man als Angehöriger durchmacht während so einer Manie ist damit nicht zu vergleichen, man fühlt sich wie im falschen, sehr schlechten Film... wie es den Erkankten selbst wirklich dabei geht weiß ich natürlich nicht, aber viele beschreiben, dass eine ausgewachsene Manie auch extrem kräftezehrend ist und sich im Nachhinein nicht „so toll anfühlt“ wie man in der Manie behauptet... Ich habe für mich gelernt, ihr Verhalten, ihre Worte, die Verletzungen in die Krankheit einzuordnen. Das rate ich dir auch zu versuchen!
In einer Manie muss man mit allem und nichts rechnen... sie kann von wenigen Tagen bis viele Monate gehen. Oft hatte ich den Eindruck sie flacht ab, die Depression naht, dann kam wieder was verrücktes, was absurdes, was manisches... meine Frau ist jetzt im 6 Monate mit der Manie. Sie hat seit Ende letzten Jahres sogar die Diagnose durch ihren Psychiater. Allerdings zeigt sie trotzdem keine Krankheitseinsicht, auch das ist quasi „normal“ und spendet den fassungslosen Angehörigen irgendwie Trost. Mir gibt der Gedanken immer Hoffnung, das es nicht umsonst „bipolar“ heißt. Das bedeutet, es wird auch ein Leben nach der Manie geben. Ich persönlich sammle Kraft für diesen Moment. Sorry wenn ich vielleicht zu viel aus meinem Leben erzählt habe, in diesem Thread soll es schließlich um deins gehen.
Ich drücke die Daumen, dass sich eure Situation schnell bessert und es einen Weg gibt, die Krankheit anzugehen und sie gemeinsam zu behandeln!
Viel Kraft!!
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 02.03.21 21:17.
