Nachtrag:
Gegen ungünstige, widerwärtige soziale Lebensfaktoren und Belastungen gibt es per se keine Medikation, d.h. manchmal ist Medikation auch eine Stütze, eine für einem selbst ungünstige Situation halbwegs erträglich auszuhalten, die in sich nicht sofort und radikal veränderbar ist. Sich aus einer ungünstigen Lebenssituation zu lösen, kann Jahre dauern, Prozesse von Veränderungen können Jahre in Anspruch nehmen, deshalb es ist gut, wenn die feinstofflichen Merkmale einer ungünstigen Belastungskrise als solche sorgfältig betrachtet werden.
Es kann sein, dass man sich nicht lösen kann, es kann sein, dass man nie mehr die alte Belastungsfähigkeit erreicht. ec etc.
Das Paradox unserer Gesellschaft besteht darin, dass man Unterstützung eher nur bei Chronifizierung oder ungünstigerem Verlauf erhält, jedoch wenig bis kaum bei Prophylaxe. der Druck zu Überleben, der Druck nicht zu scheitern, der Druck nicht zu sehr in seiner sozialen Rolle abgewertet zu sein, darf in seiner Wirkung als Belastungsfaktor nicht unterschätzt werden.
Selbst einen Umgang damit zu finden, dass man eine erhöhte Vulnerabilität hat, das scheinbar normale Lebensereignisse das Selbst ungünstig erschüttern können, zu akzeptieren, dass man Faktoren in sich trägt, die bei ungünstiger Konstellation das selbst derart kippen können, dass man die Stabilität ernsthaft verliert, und dass unscheinbare Faktoren wie erhöhte Empfindlichkeit, Sensibilität, Schlaf, Struktur, Erholung, Stress zwar unscheinbar, jedoch beeinflussbare Faktoren sind, und es also weit mehr gibt, als nur gesund oder krank. Dass Recovery ein guter Weg sein kann. Dass das Erarbeiten einer stabilen Erfahrung von Gleichwertigkeit und Wertvolligkeit trotz Erkrankung, trotz deutlicher Vulnerabilität, trotz oder dank Medikation, dennoch Jahre dauern kann.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 12.02.21 08:29.