Hallo soulvision,
ja, es ist für mich erschreckend, wie viele davon abhängig sind und es sind Ärzte, die das Zeugs weiter verschreiben und nun auch so schnell nicht davon weg kommen, es weiter zu verschreiben, da das Kind seit langer, langer Zeit schon in den Brunnen gefallen ist.
Ich weiß nicht wo ich es mal gelesen habe, irgendwo stand sinngemäß, wenn ich es nicht verschreibe, was die Patienten wollen, verschreibt es dann ein anderer. Und mit dieser Aussage, bleibt es dann weiter im Umlauf.
Verstehen kann ich, wenn Tavor aufgrund einer bestimmten Angsterkrankung genommen wird und jemand gerade dies therapeutisch bearbeiten möchte, dass die therapeutische Konfrontation mit dem Auslöser unter Tavor natürlich nicht funktioniert.
Aber viele nehmen Tavor schon so lange, dass es gar nicht mehr um den ursprünglichen Grund geht, sondern einfach nur um die Abhängigkeit. Sie sind aber in Bezug auf andere Themen durchaus reflektionsfähig und nicht so sediert, dass gar nichts mehr ankommt.
Sie wurden ja gar nicht erst in mehreren probatorischen Sitzungen begutachtet, ob das wirklich der Fall ist, sondern allein die Tatsache, dass im Fragebogen die Medikamentliste angegeben wurde und dadurch auch Tavor aufgeführt ist, ist dies das alleinige Ausschluskriterium für jegliche Art von Psychotherapie.
Ich hatte selbst mal Tavor als Bedarfsmedikation in der Hausapotheke, aber nicht, weil ich danach gefragt hätte, sondern weil mir ein Arzt dies als Nofallmedikament gegen die Suizidalität verschrieben hatte. Eine Aufklärung über dieses Medikament gab es nicht. Über die Gefahr der Abhängigkeit wurde ich erst hier im Forum aufgeklärt.
Als ich schwerst depressiv war, konnte ich zwar in dieser Zeit nicht tiefenpsychologisch an mir arbeiten, aber ich war froh, dass ein Psychotherapeut diese Phase begleitete und seine Arbeitsweise meiner Phase anpasste. Es war für mich immens wichtig, diese haltende Unterstützung zu haben. Sobald ich wieder etwas den Boden unter meinen Füssen spürte, konnte ich auch wieder gut an den Themen arbeiten, die für mich wichtig waren.
Wenn es auch wichtig ist, Tavor zu entziehen, so muss die Lücke aber auch irgendwie gefüllt werden. Eine begleitende Psyhotherapie innerhalb des Entzugs, welches dann schon Skills einübt, für schwierige Phasen, finde ich wichtig.
Einfach nur zu sagen, geht nicht, solange Tavor drin ist, ohne die Person mal richtig kennen gelernt zu haben, finde ich einfach zu bequem.
Viele Grüße Heike
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Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.
"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 22.01.21 21:35.