Hallo,
ich lese hier durchaus auch die Kontroverse bzgl. der Einnahme von Tavor.
Mag Tavor als wirklich absolutes Notfallsmedikament oder im klinischen Setting innerhalb von 7 oder 14 Tagen auch zum niederringen von Manie und Psychosen durchaus seine Legitimation haben, so sehe ich es in der ambulanten Anwendung zumindest kritisch.
Leider erlebe ich es in meinem Arbeitsalltag, wie viele Menschen leider von Tavor abhängig wurden. Sie von absoluten Notfällen als Bedarfsmedikation in einen regelmäßigen Konsum übergingen und ggf. dann sogar noch die Dosis erhöhen mussten.
Obwohl ich einige dieser Menschen durchaus als reflektiert erlebe in Gesprächen und bei ihnen auch der Wunsch da ist, eine Psychotherapie zu durchlaufen, machen sie oder wir (da ich sie auch bei der Suche begleite) regelmäßig die Erfahrung, dass Tavor die Tür zur Psychotherapie verschließt.
Es dauert schon lange, bis jemand auf Anfragen zur Psychotherpie reagiert, dann die lange Wartezeiten, aber wenn dann vorher ein langer Fragebogen ausgefüllt zurückgeschickt wird, erhalten sie danach die Aussage, "solange sie Tavor nehmen, ist eine Psychotherapie nicht möglich".
Dabei wird nicht einmal wirklich geschaut, ob die Person tatsächlich nicht Reflektionsfähig ist, es ist eine generelle Aussage, die immer wieder kommt.
Und Tavor, welches schon über einen langen Zeitraum genommen wird, auszuschleichen, ist eben in den meisten Fällen nicht in wenigen Tagen oder Wochen getan, dass kann Monate oder Jahre dauern. Solange werden sie von Psychotherapie ausgeschlossen.
Mich macht das regelmäßig sehr wütend. Sowohl, dass bei einigen Ärzten immer noch Tavor wie Zuckerpillen verschrieben werden, aber auch die bequeme Haltung der TherapeutInnen, einfach rigoros eine Therapie auszuschlagen.
Viele Grüße Heike
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Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.
"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).