Hallo zusammen !
Zu fortgeschrittener Stunde,
keinen Schlaf findend,
auf Suche nach Kontakt im Moment (nicht auf Dauer und schon garnicht analog, also real, sondern um den Schmerz der Stunde einzudämmen,
gehe ich in die digitale Welt der Begegnung.
Lasst es mich ein wenig erläutern, was abgeht:
Diagnose bipolar seit meiner Jugend, jetzt schon über vierzig Jahre mit diesem Handycap lebend, Versuche den Alltag zu meistern, nicht zu stören, am Leben in der Normalität teilzunehmen. Lebe
mit Kind und Ehemann zusammen, seit bald zwei Jahrzehnten.............Sie schlafen schon, lassen mich in Ruh im Moment, wollen ihre eigene Ruhe, müssen auch ihren Alltag leben wie ich. Nur dass ich es dramatischer erlebe, und das nervt sie, geht ihnen ab und sie haben wenig Verständnis. Würde mich als
hochsensibel bezeichnen. Dass sie es nicht sind, oder vielleicht auf andere Weise erschwert das Zusammenleben und die Kommunikation.
Habe vorhin von ihm, meinem Mann, die Nachricht von den Behörden auf WhatsApp gelesen über weitere
Maßnahmen zur Pandemie in unserem Provinzstädtchen. Das hat mich betroffen und traurig gemacht. War sowieso schon traurig und auch irgendwie unglücklich. Manchmal kann mein fast erwachsenes Kind mich ermuntern, es ist fast wie ein Coachen. Kennt ihr das ? Aber vorhin hätte ich sie besser in Ruhe gelassen. Sie war so kurz gefasst und ich fühlte mich so verletzt, dass ich mein Angehen auf Kontakt und Austausch wieder schmerzlichst bereute. Ich solle nicht
dramatisieren, da sei doch nichts dabei und es sei doch nur kurz......das Masketragen in den Straßen usw. Wenn man jetzt mal das Anliegen des gesundheitlichen Schutzes nicht berücksichtigt, so kommt es mir vor, als ob mir
Stück für Stück meine Freiheit genommen wird. Ich habe
kaum noch Kontakte. Bin eher introvertiert, ernst, nicht der Pausenclown. Besuche von Freundinnen selten kommen vor, da mein Mann fast immer zu Hause ist und nur spontan weggeht. das lässt sich nicht planen. Manchmal versuche ich Besuche zu machen, aber das reicht mir nicht. Das Einkaufen ist kein Kontaktersatz, nur minimalst. Ich mache es weniger, da mich die Masken auch sehr stören und dieses ständige Daraufhinweisen auf die Verbote und die Dringlichkeit.
Dazukommt, dass unsere
Ehe kriselt. Sie ist binational. Das ist für jemanden mit bipolarer Störung noch eine zusätzliche Erschwernis. Als ich ihn kennenlernte, vor einem viertel Jahrhundert, da war ich in der
Manie. Aber das ist eine andere Geschichte.
Schon öfter habe ich mich gefragt, wer ist eigentlich der kränkere in unserer Ehe. Ich bipolar und er vielleicht
Narzist, oder einfach
nur Mann mit einer anderen Mentalität und anderer Enkulturation. Im Grunde bin ich einfach nur naiv und gutmütig, wenn auch sehr differenziert und
zu viel denkend. Und das sind alles beste Voraussetzungen nicht in der gewünschten Stabilität zu leben.
Wenn ich jetzt weiterschreibe, drifte ich eventuell zu sehr in die
Hingabe an mein Ego ab.
Im Moment fühle ich mich schon besser. Der unsägliche Schmerz, der mich so umtrieb, dass ich nicht wusste was ich tuen soll, ist weg, betäubt, verschwunden. Keine Ahnung was da abgeht. Keiner kann in die Psyche schauen. Bis man einigermaßen verstanden wird, vergehen Jahre. Es sei denn man trifft auf Menschen, mit denen man sich auf Anhieb versteht.
Solche
Freundschaften habe ich auch. Das ist aber nicht mit meinem Mann. Es sind Frauen und meine Familie meinen, sie seien alle irgendwie komisch oder gestört und ich solle Abstand zu ihnen halten. Das finde ich solche Unmöglichkeit, dass die lieben Menschen, mit denen ich mein Leben in der Familie teile, mich (scheinbar) weniger verstehen als meine Freundinnen, zu denen sie mir quasi auch noch den Kontakt madig machen. Ich halte natürlich die Kontakte. Es gibt da keinen ausgesprochenen Verbot. Also so fortschrittlich ist mein Mann da schon. Es gibt jedoch andere Möglichkeiten, es nicht direkt zu verbieten sondern dem anderen schwierig zu machen.
Da ich so
naiv bin und mein Mann sehr
clever, er kennt meine Reaktionen gut, kann sich anscheinend aber nur begrenzt in meine Gefühlswelt hineinversetzen.
Letztens sagte er, wenn er mich in meiner Welt besuche, dann sei er allein. Daraufhin war meine Tochter sauer auf ihn. Ich natürlich sofort verletzt und mich am verteidigen.
Er will nicht, dass ich mich verteidige. Ich soll auch nicht protestieren. Es sei angemessen für eine nette Unterhaltung, dass ich die gleiche Meinung wie er vertrete. Manchmal bekomme ich das auch hin. Nicht immer. Vorallem nicht, wenn meine Gefühle getriggert werden durch Themen, ich mich angegriffen fühle.
Zur Zeit bin ich nach gut anderthalb Jahrzehnten Elternzeit, sprich
Nurhausfrauendasein, dabei, mich nach Arbeit umzusehen. Habe wenig Hoffnung. Hier zeigt sich auch mein
negatives Denken, was nach seiner Analyse meiner Probleme, der wesentliche Punkt ist. Aber es ist auch nicht einfach kurz vor der Berentung, einen Arbeitsplatz zu ergattern.
Ich schwanke hin und her. Manchmal denke ich mein ganzes Leben schon. Ist das die Bipolarität ?
Nun lass ich das alles mal so stehen.
Danke, dass ihr mir bis hierher gefolgt seid. Also bin ich doch nicht so einsam ! Kann ich jetzt denken und ich fühl mich auch nicht einsam.
Wünsche mir weitergehenden Gedankenaustausch.
Passt auf euch auf, eure Dauphine
Nachtrag, zur Zeit keine Medikamente, schon genug geschluckt, stationäre Aufenthalte, Therapien, Rehas.....