Hallo Rouvi,
ich kann mir annähernd vorstellen, wie es für Angehörige sein muss, wenn ihr Angehöriger in eine voll ausgeprägte Manie rutscht. Wenn sie dann für die Familie allein sorgen, Entscheidung allein treffen müssen, neben ihren sonstigen Aufgaben und all das Begreifen, was da vor sich geht.
Sicherlich ist es verständlich, dass auch ein Angehöriger sich mal sein Herz ausschütten und sich auch mal erleichtern möchte und sich vielleicht auch muss, um selber diese Herausforderung meistern zu können.
Doch schlägt in meiner Brust auch das Betroffenen-Herz und ich frage mich, wie ich mich fühlen würde, wenn sogar Zitate, meine ganzen krankheitsbedingten "Schandtaten" fast wie ein Tagebuch im Internet aufgeführt sind. Auch wenn es anonym ist, aber würde ich mal darüber stolpern, würde ich wahrscheinlich wissen wer gemeint ist und mich in Grund und Boden schämen.
Hier haben schon viele Angehörige ihr Leid dem Forum mitgeteilt, aber oft eher in ganz groben Zügen. Das reichte aus, um das soziale Ausmaß auch für die Angehörigen zu begreifen und um Beistand zu leisten und ggf. hier und da mal einen Tipp zu geben, wie Angehörige sich verhalten können, wie sie selbst auf sich achten können, etc. pp.
Stell dir vor, Du selbst bist nicht mehr Herr deiner Psyche und irgend jemand würde all deine Begebenheiten minutiös hier mitteilen. Wärst du darüber glücklich?
Ich finde, vieles, was du uns mitteilst, gehört in geschützten Gesprächen, wie sie der SpDi anbieten kann oder Selbsthilfegruppen für Angehörige oder in Therapiegesprächen oder bei dem besten Freund/Freundin.
Es ist nur meine eigene bescheidene Meinung, nichts für Ungut und auch Dir, bzw. deiner Familie ein besseres Jahr 2021.
Viele Grüße Heike
------------------ Signatur --------------------------
Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.
"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 03.01.21 11:15.