Hallo Siopao,
du lebst noch nicht lange mit der bipolaren Störung. Ich gehe jetzt mal einfach davon aus, dass es bipolare Störung ist, wahrscheinlich bipolare Störung 1 mit Größenwahn (sehr typisch für bipolar Typ 1, wenn der bereits bei der ersten Manie auftaucht, kann man damit rechnen, zu den Top 20 von 100 Bipolaren zu gehören, was die Schwere der Symptome angeht).
Natürlich könntest du auch schizophren sein, dass kann man nicht durch lesen beurteilen, vielleicht auch schizoaffektiv. Aber EGAL was es ist, es ist ernst genug, dass du nicht nur darüber nachdenken solltest, sondern dir handfest Hilfe holst.
Der richtige Ansprechpartner dafür ist auf jeden Fall ein Psychiater. Lass dir eventuell von deinem Hausarzt helfen, schneller einen Termin zu bekommen. Bipolare Störung ist unbehandelt durchaus potentiell tödlich und in Phasen selbst auch ein Notfall. Bipolare neigen am Anfang dazu, ihre Symptome herunterzuspielen, den Ärzten aus Scham nicht alles zu erzählen, was passiert ist, insbesondere, wenn die Vulnerabilität relativ groß ist und es auch Vorankündigungen gegeben hat, die vielleicht schon in der Pubertät angefangen haben, wie z.B. Depressionen. Diese sind zwar in der Pubertät aufgrund der Hormonschwankungen häufiger, aber bei Bipolarer Störung werden die nicht aufhören und immer wiederkommen. Ich sage das deshalb, weil du bereits versucht hast, Depressionen mit ungeeigneten Mitteln zu bekämpfen. Johanniskraut ist nicht besonders effektiv, wenn es um den antidepressiven Effekt geht, um nicht zu sagen: Ungeeignet. Es hat wenig Effekt und viele Nebenwirkungen, wie die erwähnte Sonnenempfindlichkeit. "Natürlich" ist in dem Fall oft weniger geeignet und hat mehr Nebenwirkungen, als die Sache wert ist, und ist in keiner Weise mit der Wirkung eines antidepressiven Medikaments zu vergleichen, das bei einem anschlägt. Da liegen Welten zwischen. Die Depression bzw. der Leidensdruck der Depression war vermutlich viel eher der Auslöser für die erste Manie und den ersten Zyklus, als das Johanniskraut...
Bipolare neigen wie gesagt dazu, Symptome herunterzuspielen, am Anfang. Sich zu verstecken mit ihrer Erkrankung, aus nachvollziehbaren Gründen und um in der Gesellschaft nicht aufzufallen und Stigmatisierung zu entgehen. Beim Arzt sollte das Gegenteil gemacht werden. Alles erzählen. Ohne Scham. Sonst wird dir nicht ausreichend geholfen werden können.
Womit wir wieder beim Thema sind. Verabschiede dich vom Gedanken, da irgendwas selbst behandeln zu können. Das ist ein wenig, wie ein Trostpflaster bei 'nem abgeschnittenen Arm. Hilft nicht viel und man sollte nicht damit rechnen, dass es die Lage verbessert.
Also - zum Arzt, zum Psychiater direkt oder mit Überweisung vom Hausarzt. Bestehe darauf, dass dir geholfen wird, mit geeignteten Mitteln und nicht mit Trostpflastern und Enstpannungsübungen, denn das wird nicht funktionieren. Nicht bei dem, was du beschrieben hast.
Nur ein Psychiater kann eine treffende Diagnose stellen, und dir dann helfen, und nur, wenn er alles erfährt, was bisher gewesen ist. Auch und gerade die schlimmsten Dinge, die man vielleicht in der Manie gemacht hat, oder bestehende Ängste oder sogar Suizidgedanken, falls diese auftauchen.
Du kannst dir damit eine Menge Leid und Angst ersparen. Hilfe holen. Gleich bei der besten Institution dafür, den Psychiatern. Kein Umweg über "Naturheilmittel", Pseudomedizin oder ähnliches. Keine "alternativen Behandlungen", die irgendwelche Leute, denen es angeblich geholfen hat, empfehlen. Direkt zum Arzt.
Nur Mut. Da geht es um dich und deine Zukunft. Ich habe z.B. nie die Angst, die Kontrolle zu verlieren, wenn es um Dinge, wie Größenwahn geht. Rate mal warum. Ich kläre auf: Weil ich passende Medikamente habe, für genau solche Fälle. In der Schublade, und in meiner Tasche, für den seltenen Fall, dass ich unterwegs bin und es mich schlagartig erwischt. Sehr selten, aber kann passieren. Psychosen machen sowas manchmal...
Also, Telefonhörer in die Hand, Termine machen.
Liebe Grüße und herzlich Willkommen im Club (gehe ich mal von aus),
M.
