Die Manie ist eigentlich ein Geschenk. Kaum jemand wird je so eine Tiefe erleben, so eine Schönheit, ja auch so eine Trauer, so einen Schmerz. Kaum jemand wird je so viel erleben in so kurzer Zeit. Das Problem ist, es ist zu viel. Das Nervensystem, das Gehirn, kommen mit der permanenten Reizüberflutung, den überwältigenden Schwingungen überhaupt nicht klar. Sie laufen heiß. Alles ist wichtig, alles ist Zeichen. Das ist mit das Schlimmste, alles ist so unendlich wichtig, mit allem muß man hinaus in die Welt, um Zeugnis abzulegen.
Und dann kommt die Depression. Die Depression nimmt einem alles, wirklich alles. Zurück bleibt ein Haufen Scherben, Scham, ein Jammern und eine unglaubliche Sehnsucht.
Kann man eigentlich mit einer Manie umgehen ? Sie kommt ja nicht von heute auf morgen, sie schleicht sich ja ein. Eine ungewöhnliche Erfahrung, eine Erschütterung, schön oder schlimm, Drogenmißbrauch oder ein richtiger Vollrausch kann am Anfang stehen. Und dann geht es weiter, alles wird heller, alles strahlt auf einmal. Man schmeckt anders, manche Sachen kann man gar nicht mehr essen, man beschäftigt sich vielleicht viel mit Sex (nicht unbedingt real). Die Sache nimmt Fahrt auf.
Aber man kann das merken, man kann das spüren. Es ist richtig schön, aber irgendwie. Man ist begeistert von einer Idee, aber jetzt schon wieder eine neue Idee, das wird langsam anstrengend. Kann man in diesen Momenten etwas machen, ich weiß es nicht genau. Es ist halt so verführerisch verlockend. Man kann in die Klinik gehen, aber da besteht die Gefahr, dass sie einen kurz vollpumpen und dann ist das Licht ausgeschaltet. Gehen sie zurück aus Los, ziehen sie keine 4.000,- € ein.
Man steht irgendwie auf einem Hügel, links die Manie, und sie strahlt und sie ruft. Höchste Gefahr. Und rechts die Medikamente, volle Dröhnung, zehn Jahre Einsamkeit. Es muß doch dazwischen einen Pfad geben, mit Schönheit, halt nicht ganz so schön, mit Medikamenten, halt nicht ganz so viele.
Mein Rat ist, nehmt diese Medikamente, aber bleibt mißtrauisch gegenüber den Ärzten. Was wirklich in euch vorgeht, davon haben sie keine Ahnung. Woher auch, das haben sie nie selbst erlebt. Sie wollen, dass das alles aufhört, wollen vielleicht ihre Ruhe und wollen auf jeden Fall die Sicherheit, dass nicht sie verantwortlich sind, wenn irgendetwas schiefgeht. Also eher das größere Programm.
Nehmt diese Medikamente, aber erstmal die Hälfte oder ein Drittel. Und schaut dann eine Woche oder zwei. Das ist ziemlich anstrengend. Etwas fehlt und man ist noch nicht über den Berg. Man wird plötzlich auf einmal unheimlich müde, das vergeht auch wieder. Die große Botschaft relativiert sich, aber immer wieder kommen kleinere Wellen. Das muß sich alles erst einpendeln, der Körper hilft mit beim Heilen, aber er braucht etwas Zeit. Beschäftigt euch mit den kleinen Dingen, kocht, macht die Wäsche, geht spazieren. Schreibt vielleicht alles auf, was euch beschäftigt. Es ist witzig, das drei Tage später zu lesen, das holt einen auch etwas runter.
Nehmt diese Medikamente, dann kommt ihr zwar um die ganz große Reise, aber auch um die ganz große Depression herum. Und diese kleinen Reisen können auch sehr schön sein.
Aber, all das geht auf eigene Gefahr.
