Erinnerung an Zeiten der Depression sind so eine Sache...
Depressionen sind für den Betroffenen oft sehr gleichförmig und grau, es passiert nichts, das Leben ist passiv, eintönig und jeden Tag gleich schlecht. Man vermeidet neue Erfahrungen.
Die Hirnforschung sagt, dass nur die Dinge als Erinnerung abgespeichert werden und zugänglich bleiben, die neue Erfahrungen beinhalten. Eintöniges Leben hinterlässt also sehr viel weniger Erinnernswertes und damit auch weniger Erinnerung später. Bei gleichbleibenden Dauerdepressionen habe ich oft das Gefühl, dass die Zeit immens schnell vergangen ist. Das liegt daran, dass so wenig passiert ist. Manien hinterlassen bei mir manchmal in zwei Wochen mehr Erinnerungen, als ein Jahr Depression.
Psychose dazu wirkt natürlich noch sehr verschärfend. Dinge, die in Psychose abgespeichert werden, finden ja manchmal in einer Realität statt, die nach der Psychose gar nicht mehr existiert. Der Zugriff auf Erinnerungen wird durch ähnliche Erlebnisse ausgelöst, und so kann es kommen, dass man sich an Psychosezeiten gar nicht erinnert, da der Zustand so weit von nicht-psychotischen Lebenserfahrungen abweicht, dass diese Bereiche quasi gar nicht mehr zugänglich sind. Manchmal kann man (ich) sich in einer neuen Psychose an die Wahnideen der letzten erinnern und sie wieder aufgreifen, wie eine Fortsetzungswahnidee. Hatte ich jahrelang mit paranoiden Wahnideen in schweren Depressionen, immer wiederkehrend dieselben. Im nicht-psychotischen Zustand wird das dann oft nicht mehr nachvollziehbar, die Erinnerung wird wertlos oder ist gar nicht mehr vorhanden, oder nur noch wie die Erinnerungen aus einem Traum (diese Erinnerungen sind ja auch für die meisten nur kurzzeitig bis überhaupt nicht verfügbar). Depressiver Wahn hat manchmal sehr viel Ähnlichkeit mit einem Albtraum ...
