Hallo Soulvision,
danke für deine Präzisierung bzgl. Tabus in anderen Gesellschaften. Das ist ein interessanter Gedankengang, ob Tabus ggf. auch zu einer friedlichen Koexistenz von hier z.B. Geflüchteten und Einheimischen beitragen könnten, indem Gedankengänge die von jemand anderes als kritisch gesehen werden könnten, durch Nichtaussprechen nicht zur Eskalation führen. So wie es in manchen deutschen Lokalen ein unausgesprochene Regel gibt, wie nicht über Religion und nicht über Politik zu reden, damit es möglichst entspannt zugeht.
Ich könnte mir auch vorstellen, je näher jemand einem anderen Menschen, der gerade an S-Gedanken leidet steht, desto schwieriger wird es ggf. für den Menschen darüber zu reden und für Eltern ist es sicherlich nochmal eine ganz große Herausforderung, da die Schuld-Frage da oft noch stärker im Vordergrund steht. Obwohl auch bei demjenigen, der S-Gedanken hat, durchaus Schuldgefühle eine Rolle spielen können. Das ist also durchaus ein großes Thema. Auch für im Hilfesystem Tätige, geht diese Frage, sowohl rein rechtlich, aber durchaus auch persönlich, immer wieder im Kopf herum. Da ist also auch viel Redebedarf da, ggf. auch auf der Metaebene, in der Supervision, Fortbildungen, im öffentlichen Diskurs und in der Selbsthilfe.
So gesehen bejahe ich deine Frage:
"Brauchen Tabus Bedingungen, die ein Aufweichen möglich machen? Braucht es eine Einbettung von Suiziddiskursen in eine dafür befähigte Gesellschaft, befördert von Forschung und Wissenschaft über diese hinaus? "
Auf deinen letzten Absatz: Oh, ich bin schon ein ganz großes Stück gelassener, als ich es früher war ;-).
Viele Grüße Heike
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Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.
"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 02.12.19 19:24.