Das mit der anderen Sozialisierung hast du gut erkannt, denn auch wenn ich etwa an meine Grosseltern denke (meine Ur-Grosseltern habe ich nur noch als ganz kleines Kind gesehen und kann mich kaum erinnern), die waren in der Tat eine andere Generation. Damals gab es sowas wie "psychische Krankheiten" gar nicht. Ähnlich wie man kaum je einen Doktor sah und dann ist der Bauer halt eines Tages wegen einem Herzinfarkt einfach umgekippt auf dem Feld und das wars dann.

Aber zurück zur Aussage:
Auch eine schlechte Aussage, sogar eine, die abwertend daher kommt im Sinne von "stell dich mal nicht so an" kann eine Spur Wahrheit in ihrem Kern enthalten.

Denn: Was genau führt Menschen durch schlimme Zeiten der Depression, ohne dass sie sich deswegen z.B. das Leben nehmen durch Suizid? Es ist durchaus Willensstärke der Menschen, schlimme und schlechte Dinge ertragen zu können. Es ist nicht so, das man jetzt was beheben oder heilen könnte mit "du musst einfach nur positiv denken".

Aber: Auf der anderen Seite, wer nicht mehr positiv denkt, wer nicht mehr Hoffnung hat das es sich ändert, wer nicht mehr in einem gewissen Masse gegen Krankheiten und auch gegen Probleme im Leben ankämpft, der wird nämlich tatsächlich früher oder später verlieren.

Ich befürworte nicht die Aussage deiner Urgrossmutter, aber ich möchte darauf hinweisen, das wir alle am Ende tatsächlich kämpfen und da kann eine positive Einstellung manche Dinge durchaus leichter machen.

Um es mit den Weisen aus der Antike zu sagen: Ein guter Zuhörer kann selbst von den Aussagen eines Narren noch etwas für sich herausholen.

Zudem:
Ich bin mir mittlerweile bewusst, das manche andere Menschen auch einfach keine Ahnung haben, wie es Erkrankten geht. Daher kommen auch mal Aussagen von jenen, die vielleicht positiv gemeint sind, aber eine negative Wirkung haben. Aber ich kann es verstehen, nicht jeder hatte schon psychische Probleme, nicht jeder war mal lang depressiv, für manche Menschen die gesund sind, ist es schlicht und einfach nicht nachvollziehbar, was da geschieht.

Ich kenne es aber so, das jene Menschen, sobald sie selbst in einer langen Depression steckten, plötzlich anfangen, die Erkrankten mit anderen Augen zu sehen und dann verstehen, was es heisst, das durchzumachen.

Aber eben, lass deine Urgrossmutter weg und verbinde nicht die Aussage damit, sondern mach dir bewusst, das wenn immer Menschen aus einem Loch herausgeklettert sind und wieder auf die Beine kamen, tatsächlich eher positiv dachten. Denn der, der negativ denkt, der bleibt im Loch sitzen und versucht gar nicht erst, etwas zu verändern und zu verbessern.