Guten Abend zusammen,
ich hatte mich nun etwas zurück gezogen, und auch ernsthaft überlegt, hier gar nicht mehr zu schreiben. Erst heute habe ich gesehen, dass "mein" Baum doch noch erheblich gewachsen ist.
Und was ich da lese, hat mich SEHR angerührt. Es haben doch Viele von euch, insbesondere Deborah, Frech, Heike, Jonny90 und weitere - ich kann gar nicht alle aufzählen! - verstanden, um welche Frage es mir geht.
Dass "Lichtblick" meint, mich über "die Krankheit" und insbesondere über die "Rückfallgefahren" ständig belehren zu müssen, als sei ich ein kleines, debiles Kind, und auch noch unbedingt wissen will, "welche Medikamente ich nehme" - also: Darüber breite ich jetzt gnädig den Mantel des Schweigens. Res Ipsa Loquitur. Habe ich nicht gesagt, dass ich 63 Jahre alt bin und die Diagnose erstmals 2002 gestellt worden ist? Kann "Frau" sich da nicht denken - !!! - dass ich sehr wohl weiß, was ein "Rückfall" ist?
Nun, vielleicht habe ich mich eben in meinem Eingangs-Post vom 30.06. doch noch nicht klar genug ausgedrückt. Dann sage ich: Mea Culpa.
Also: Im Kern stelle ich die These auf - die auch, so meine ich, in vielen eurer Posts angeklungen ist! - dass es MEHR als nur den einen Weg gibt, um den gefürchteten "Rückfällen" entgegen zu wirken.
Soll heißen, "Lichtblick": Ich, für mich, bin davon überzeugt, dass es eben NICHT NUR auf dem rein medikamentösen Weg geht. Und Du, die Du ja so ein Super-Wissen über "die Krankheit" zu haben scheinst, wirst ja dann wohl auch gut darüber informiert sein, dass zahlreiche Leute jene bösen Rückfälle TROTZ ihrer Medikamente erlitten haben.
Die Medikamenten-Verabreichung als Prophylaxe bei BPS ist keine Heilbehandlung, sondern dient lediglich der Unterdrückung von Symptomen. Deshalb, übrigens, gibt es sogar Stimmen, die die These aufstellen, dass aufgrund der neurologischen Gehirn-Dynamik ein Verlass auf die rein medikamentöse Schiene sogar problematisch ist. Das dürftest Du, "Lichtblick", eigentlich wissen.
Wann immer es möglich ist, sollte der aus der Gesundheit gefallene Mensch nicht bloß symptomatisch, sondern KAUSAL UND ganzheitlich behandelt werden. DIES war der eigentliche, und geradezu revolutionäre Fortschritt den uns Samuel Hahnemann, Begründer der Homöopathie beschert hat. Interessanterweise, aber natürlich völlig stimmig für diese Herangehensweise, spielte irgendeine "Diagnose" für Hahnemann absolut keine Rolle. Statt dessen hat er einen sehr, sehr umfangreichen Katalog von Fragen entwickelt, anhand deren der "Kranke" befragt wurde, wie er sich, unter welchen Bedingungen, fühlt, wodurch "es" besser wird, und wodurch "schlechter". Wer sich einmal etwas damit beschäftigt weiß wie hoch komplex, aber eben auch überaus sensibel und - ja - menschlich diese Herangehensweise war - und ist. (Nur nebenbei: Innerhalb des von der Homöopathie selbst behaupteten Anwendungsbereiches erzielt sie eine Genesungs-Erfolgsquote von 80%; innerhalb des von der Schulmedizin behaupteten Anwendungsbereichs erzielt diese lediglich 40%. Und dennoch will Herr Professor - ! - Lauterbach der Homöopathie hierzulande ganz aktuell den Garaus machen. Cui Bono, darf man da fragen!).
So, und dies schlägt den Bogen zu meinem Ausgangsthema. ICH - und nicht du, Lichtblick! - bin doch diejenige, die "der Krankheit" genauer ins Auge schauen will. ICH will doch wissen: Was will sie mir sagen? Wo im Leben habe ich die Weichen so gestellt, am Steuer der Lokomotive so sehr aufs Gas gedrückt, dass es meine Waggons irgendwann aus der Kurve getragen hat?
Das kann jeder halten wie er oder sie will. Aber ICH bin der Meinung: GERADE eine Erkrankung wie Bipolar, bei der Yin und Yang oder wie auch immer ihr die in der Welt nun einmal geradezu astro-physisch grundgelegte Polarität - ! - aus der Harmonie gefallen sind, kein Rundes, kein Ganzes mehr bilden sondern auseinander gefallen sind - GERADE hier hat doch jede und jeder Grund, mal GANZ SELBSTKRITISCH den eigenen bisherigen Lebensweg zu hinterfragen.
Da können freilich Erkenntnisse raus kommen, die ziemlich bitter sind. Weil das Leben sich nicht zurück drehen lässt. Weil viele Jahre mit der Bewältigung einer schweren psychischen Erkrankung drauf gegangen sind.
Doch wie hat es Johnny90 so wunderbar geschrieben: Diese Bitterkeit wird süß und heilsam wie eine Bitterorange, wenn wir sie mit DANKBARKEIT zu uns nehmen. Bitter ist gesund - man sollte nicht immer nur Kuchen essen! MIR hat die Erkrankung - das hab ich wohl schon berichtet - in einem noch recht jungen Alter, mit Anfang 50, die Freiheit geschenkt, bei guter materieller Absicherung. Dass ich dennoch "viel zu tun" hatte mit dem Loslassen, erklärt sich aus meiner Biographie. Aber meine neu gewonnene Zeit ermöglicht mir doch, dies alles eventuell noch Schreibend zu verarbeiten.
Und um nochmal auf die ungeheure Leistung des homöopathischen Ansatzes zurück zu kommen (nein, nein, ich rate hier KEINEM, statt seiner Medikamente Globuli nehmen !!! - HIER geht es doch um den DENKANSATZ und nichts anderes !!!): Denkt euch doch für einen Moment wenigstens einmal "frei" von eurer "Diagnose". Die uns allen wie eine schwere Kette um den Hals hängt und die uns so eingebläut worden ist dass wir schon ein "BS" auf unserer Stirn sehen wenn wir in den Spiegel gucken. Denkt euch einfach davon mal frei - versetzt euch in eine andere Zeit, eine andere Welt, eine andere Kultur, in der man keine "Diagnosen" kennt. Nur Menschen, die so oder anders sind. Die Eigenschaften haben, Charakterzüge, Befindlichkeiten, Talente, Leiden. Und dann versucht, euch, rückwirkend, und in der Gegenwart, selbstkritisch zu analysieren. Woran lohnt es sich zu arbeiten? Zum Beispiel an meiner Tendenz zu impulsivem Verhalten? An meiner Tendenz, meine Wut unkontrolliert an anderen auszulassen? Was steckt dahinter, wenn ich mich zu Impuls-Käufen hinreißen lasse und hinterher alles bereue?
Etc etc.
Und diejenige oder derjenige, der gesagt hat, man muss nicht nur fragen "warum", sondern auch "wozu" - hat natürlich völlig Recht! Doch meines Erachtens lässt sich beides nicht trennen - beides fließt ineinander. Das Warum lenkt den Blick mehr in die Vergangenheit und in die Gegenwart; aber wenn ich dort Antworten gefunden habe, dann weiß ich auch, Wozu - das heißt, Was ich aus dem Ganzen zu lernen habe und "Wozu es letztlich gut war".
Und bin wieder dankbar, bleibe vernünftig und werfe nicht gleich alle Medikamente ins Klo! Zufrieden, "Lichtblick"?
Viele Grüße
Sputnik