Hallo CptBlack,
das kenne ich nur zu gut aus meinen Depressionen. Die Depression vernebelt den Sinn und dann weiß man nicht, warum man aufstehen soll.
So blöd es klingt und so extrem anstrengend es auch ist, aber ich habe dennoch festgestellt, dass es wichtig für mich ist, auch in diesen sinnlosen Zeiten in die Bewegung zu kommen. Wenn ich im Bett liegen bleibe, mich nicht in frische Klamotten begebe, steigt der Frust weiter, mache ich mich gedanklich dafür noch mehr fertig, was aber nichts an der Situation ändert.
Schaffe ich es aber aufzustehen, mich unter die Dusche zu stellen, frische Klamotten anzuziehen und sogar noch für ne halbe Stunde raus zu gehen, dann habe ich schon gaaaaanz viel geleistet. Denn was in deprifreien Zeiten kein Kampf bedeutet, kein Gedanke wert ist und als selbstverständlich empfunden wird, ist in der Depri Schwerstarbeit.
Und nach so einer Schwerstarbeit ist es gut, diese auch anzuerkennen. Entweder, wie hier jemand sagte, danach eine Tasse Tee mit Kluntje und Sahne ;-) als Belohnung oder sich soetwas wie ein Tagebuch anlegen, wo man all diese Sachen aufschreibt und zwar alle Dinge, auch die, die eigentlich in gesunden Zeiten als selbstverständlich empfunden werden.
Ob man es schafft, sich zu waschen oder mal schmutzige Wäsche in die Waschmaschine steckt, oder sich mal etwas zu Essen macht oder einkaufen gegangen ist oder abgewaschen hat. Die kleinsten Kleinigkeiten sind wichtig, diese aufzuschreiben. Aber auch wenn es am nächsten Tag nicht klappt mit dem Aufstehen und es ein Bettag wird, dann sich nicht fertig machen dafür, sondern schauen, ob der darauf folgende Tag wieder neue Chancen bietet.
Wenn man dann nach einigen Tagen in sein Buch schaut, sieht man, dass da eben doch einiges steht und man nicht ein weißes Blatt vor sich hat. Das steigert doch etwas die Laune und macht Mut, weiter daran zu arbeiten. Irgendwann stellt sich dann auch wieder der Sinn ein.
Vielleicht gibt es eine Kontaktstelle bei euch, die du ab und zu besuchen kannst, um einfach aus deinen vier Wänden zu kommen und eine Anlaufstelle hast.
Und langfristig ist es gut, irgendwie für sich eine Aufgabe zu finden, gerade wenn man auch ggf. alleine wohnt.
Viele Grüße Heike
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Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.
"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).
3-mal bearbeitet. Zuletzt am 08.03.19 17:25.