(Hypo-)manische Phasen erkennen - ist das schon manisch?

24. 02. 2019 16:28
Hallo liebe Forenmitglieder,

ich (m. 27) bin neu dabei und starte hiermit meinen ersten Beitrag.


Kurz zu meinem Krankheitsbild:

Ich habe noch keine gesicherte Diagnose für eine bipolare Störung. Aktuell besteht nur eine Verdachtsdiagnose durch meinen Psychiater. Ein Termin zur genauen Diagnostizierung durch meinen Psychiater habe ich erst im April. Zudem habe ich einen Termin bei einer verhaltenstherapeutischen Ambulanz im März, welche ebenfalls eine Diagnostik plant.
Gesichert sind bei mir eine rezidivierende Depression (Beginn im Alter von 15 Jahren - mit mindestens 3 schweren und 5 mittelschweren Phasen), sowie eine PTBS (in Remission), eine ängstlich-vermeidende PS (in Remission) sowie eine Suchterkrankung (ebenfalls in Remission). Alle Krankheiten in Remission wurden erfolgreich in einer Langzeittherapie behandelt.
Aktuell erfolgt eine Behandlung durch Fluoxetin (seit ca. einem Jahr) und Lamotrigin (seit Anfang diesen Jahres) zur Augmenisierung des Antidepressivums.


Wie dem auch sei, wurde ich von meinem Psychiater gefragt ob (hypo)manische Episoden bei mir bekannt seien. Darauf wusste ich spontan keine Antwort und machte mich letztlich im Internet (so auch auf dieser Seite) und durch Fachbücher schlauer. Trotzdem traue ich mich immernoch nicht klar zu sagen ob es sich bei folgenden Phasen wirklich um eine (Hypo)Manie oder einfach nur um normale Gesundheitszustände handelt. Daher würde ich diese gerne vorstellen und eine Einschätzung erhalten ob diese eventuell ausschlaggebend und erwähnenswert sind. Mir ist dabei bewusst das keine Diagnosen durch euch gestellt werden können. Mir geht es wirklich nur um eine grobe und unverbindliche Einschätzung.


Ich beginne chronologisch rückwärst:


ca. Februar 2018 bis Juni/Juli 2018 - auf eine schwere Depression folgend

In diesem Zeitraum hatte ich eine hohe euphorische Stimmung. Ein nie dagewesenes Glücksgefühl und ein Gefühl von Geborgenheit, Gelassenheit und einer gewissen Erleuchtung. Ich habe durch die Seite eines Therapeuten eine Lebensweisheit gelernt, welche sich praktisch auf einen Satz beschränkt "Es ist wie es ist".
In dieser Phase löste dieser Spruch bei mir stehts eine Zufriedenheit aus. Mir machte es nichts mehr aus zu spät zu Terminen zu erscheinen oder sogar meinen Arbeitsbeginn nicht mehr ganz so genau zu nehmen. Beides nehme ich zu normalen bzw. depressiven Phasen nahezu zwanghaft und versuche nicht nur pünktlich sondern überpünktlich zu Terminen zu erscheinen (15 bis 30 Minute vor Termin) oder zumindest in der unmittelbaren Nähe zu sein.
Gerade erstaunlich an dieser Phase war das Gefühl der Erleuchtung. Mir schien plötzlich eine Wahrheit bewusst die sonst keiner wahrnehmen konnte. Alles erschien plötzlich Sinn zu ergeben. Mein Ich schien plötzlich nicht mehr zu sein und zu einem größeren Allem zu werden. Es gab keine Grenzen mehr, keine Fesseln die einen irgendwie halten konnten. Wäre ich gefeuert worden, mir wäre es egal gewesen. Waren Leute um mich heraum ausfallend, mir war es egal gewesen. Mir hätte jemand den drohenden Tod prophezeihen können und ich fühlte mich bereit dafür. Es ist ein nach wie vor unbeschreibliches Gefühl, welches ich gerne wiedererleben und halten möchte.
Hinzu kam der Wunsch dieses Gefühl und diese Wahrheit mit allen Menschen teilen zu wollen. Aber die wenigsten konnten oder wollten es verstehen. Unterdrückt hatte ich diesen Drang dann nur durch den Gedanken "Wenn die Menschen es nicht verstehen wollen, so ist es so. Ich kenne die Wahrheit. Ich kenne den Sinn".
Bemerkenswert in dieser Phase war der Beginn einer größeren Verschuldung. Bereits Jahre vorher hatte ich ein Studiendarlehen aufgenommen und kam immer gerade so über die Runden. Ein weiterer Kredit folgte und kaum ein Jahr darauf noch einer, um den anderen Kredit (mit besseren Zinsen!) zu tilgen und nochmal ein größeres finanzielles Polster zu haben (dieses hielt vielleicht einen Monat und es folgten rote Zahlen auf meinem Girokonto).


ca. März bis Juni 2017 - Zwei Monate auf einen klinischen Aufenthalt wegen schweren Depressionen folgend

Zu diesem Zeitpunkt war ich noch in Therapie. Meine Therapeutin bemerkte meine Hochstimmung daran, dass ich mehrere Sitzungen lang ohne wirkliche Probleme auftauchte und eigentlich nur von Erfolgen oder guten Erlebnissen sprach. Sie meinte wohlwollend, dass sie mir diese Phase gönne, es aber problematisch wäre in dieser Phase wirklich etwas zu therapieren.
In dieser Zeit war ich frisch verliebt und mit meiner jetzigen Verlobten seit zwei Monaten zusammen (wir lernten uns in der Klinik kenne). Ich fühlte mich in dieser Phase einfach nur toll, zufrieden und ein wenig so wie zu Hause angekommen. Dinge die einen sonst ärgerten waren nicht mehr so mit Stress verbunden (auch wenn sie trotzdem nervten).
Bemerkenswert in dieser Phase ist auch mein aufkeimender Wunsch meine (nach wie vor) aktuelle Anstellung aufzugeben und einen vollkommen anderen Beruf anzustreben. Ein entsprechendes längerfristiges Praktikum wurde vereinbart, jedoch sowohl durch Überforderung und eine darauf folgende mittelschwere Depressionsphase wieder abgebrochen. Ich kehrte wieder zu meinem aktuellen Job zurück.


ca. Januar 2016 bis Oktober 2016 - noch während eines Klinikaufenthalts (wegen schwere Depression / starke PTBS Symptomatik) beginnend

Auch in dieser Phase habe ich mich in eine Mitpatientin verliebt (ja, ich erkenne das Muster auch). Wir gingen eine Fernbeziehung ein und ich nutzte jeden freien Tag sie zu besuchen. Dabei fing ich an mich zu verschulden. Es war die erste länger anhaltende Beziehung die ich geführt hatte und die mich nachhaltig erfüllte. Auch in dieser Phase fühlte ich mich einfach nur super, zufrieden und ohne Zweifel an meinen Entscheidungen.
In dieser Phase entschied ich mich dazu mein Studium gänzlich abzubrechen, da es keinen Erfolg mehr versprach und stieg in meinen damaligen Nebenjob bzw. heutigen Job voll ein. Ich fiel auch die Entscheidung dort die Karriereleiter weiter aufsteigen zu wollen. Was dort jedoch relativ schwierig und mit sehr vielen Opfern verbunden ist.
Kein halbes Jahr darauf wollte ich mit meiner damaligen Freundin zusammenziehen. Mal eben 150 km weiter ziehen, ohne großen Plan, ohne finanzieller Sicherheiten und ohne weitere Bekanntschaften vor Ort. Dieser "Plan" wurde durch erst eine schwere Depression und einem Klinikaufenthalt, bei welchem sie mit mir Schluss machte, vereitelt.
In den letzten Zwei Monaten dieser Phase war ich zudem sehr gereizt und rutschte auch an einzelnen Tagen in eine äußerst traurige und der Depression ähnliche Stimmung.


ca. Oktober 2007 bis Februar 2008 - auf leichte/mittelschwere Depression folgend

In dieser Zeit begann ich meine Ausbildung. Es erfüllte mich sehr zu arbeiten bzw. sogar zu lernen und dafür Geld zu verdienen. Ich fühlte mich unabhängiger, ausgeglichener und besser gelaunt als alle Jahre zuvor. Meine Arbeitgeber lobten meine Arbeit und meinen Enthusiasmus dabei. Ich vernachlässigte meinen Freundeskreis und arbeitete ohne Pausenzeiten einzuhalten. Trotzdem war ich voller Energie und Tatendrang.
Meine ersten Gehälter gingen für viele technischen Spielsachen drauf: neues Handy, PC-Spiele die ich immer haben wollte, neue Grafikkarte, eine (für meine Verhältnisse) teure Uhr... und Fachbücher. Trotz guter Laune war ich bessessen davon alles über Depressionen zu lesen und zu lernen was es gibt. Beginnend mit Selbsthilfebüchern fing ich schnell an mich auch an teuere Fachbücher zu machen. Dabei lass ich meist nur ein oder zwei Kapitel und dann waren diese schon wieder recht uninteressant für mich. Es musste das nächste Buch her. Im Nachhinein erschien ein Bibliotheksausweis die nachhaltigere Alternative zu sein.
Diese Phase endete in einer für mich verhältnismäßig normalen Stimmung. Die nächste depressive Phase sollte mich jedoch zu meiner ersten ambulanten Therapie führen.



Die weiteren Jahre zuvor bzw. Zeiten dazwischen erkenne ich selbst keine manie-ähnlichen Phasen. Höchstens vielleicht Phasen von Stabilität und weitestgehend normalen Stimmungen. Diese hielten jedoch nur selten länger als zwei Monate an. Überwiegend waren depressive Phasen meist im mittelschweren Bereich.


Ich wäre für jede Einschätzung (und nochmal: keine Diagnose) dankbar, da ich wirklich Schwierigkeiten habe diese Phasen deutlich zuzuordnen.

Danke daher im Voraus
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(Hypo-)manische Phasen erkennen - ist das schon manisch?

Rotkehlchen 1847 24. 02. 2019 16:28

Re: (Hypo-)manische Phasen erkennen - ist das schon manisch?

garnele 573 24. 02. 2019 20:06

@garnele

kinswoman 473 24. 02. 2019 20:59

Re: @garnele

garnele 506 24. 02. 2019 21:29

Re: (Hypo-)manische Phasen erkennen - ist das schon manisch?

kinswoman 474 24. 02. 2019 21:31

Re: (Hypo-)manische Phasen erkennen - ist das schon manisch?

blackandwhite 459 24. 02. 2019 22:25

Re: Nachtrag(Hypo-)manische Phasen erkennen - ist das schon manisch?

garnele 428 25. 02. 2019 13:41

Re: Nachtrag(Hypo-)manische Phasen erkennen - ist das schon manisch?

kinswoman 395 25. 02. 2019 14:38

Re: Nachtrag(Hypo-)manische Phasen erkennen - ist das schon manisch?

Brickman 359 25. 02. 2019 14:45

Re: Nachtrag(Hypo-)manische Phasen erkennen - ist das schon manisch?

kinswoman 375 25. 02. 2019 15:32

Re: Nachtrag(Hypo-)manische Phasen erkennen - ist das schon manisch?

Brickman 367 25. 02. 2019 21:04

Re: (Hypo-)manische Phasen erkennen - ist das schon manisch?

Brickman 407 25. 02. 2019 15:25

Re: (Hypo-)manische Phasen erkennen - ist das schon manisch?

fahni 364 25. 02. 2019 16:55

Re: (Hypo-)manische Phasen erkennen - ist das schon manisch?

Rotstift 408 27. 02. 2019 12:25

@all und @garnele

Rotkehlchen 534 28. 02. 2019 03:57

Re: @all und @garnele

garnele 447 28. 02. 2019 07:52

Re: @all und @garnele

Rotkehlchen 578 06. 03. 2019 02:06



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