Wir erklären es immer mit dem physischen Vorgang und den Folgen im Handeln. Ohne Anspruch auf 100% medizinische Korrektheit, darum geht es ja nicht.
Also z.B.
Es ist eine Krankheit, bei der das Gehirn nicht mehr richtig funktioniert. Die Chemie im Gehirn stimmt nicht mehr, in der Manie werden dann zu viele Hormone gebildet und dadurch denkt man nicht mehr richtig und kann sich nicht mehr kontrollieren. Alles ist übesteuert und man bildet sich Sachen ein, ist total überdreht, braucht keinen Schlaf, man ist aggressiv, gibt Geld aus, alles Mögliche. Man hat einfach keine Kontrolle mehr über sein Handeln und Denken und Fühlen, es ist alles total am Anschlag. Man kann das selbst auch nicht sehen, man ist blind für das eigene Verhalten und man kann es selbst nicht stoppen, nur mit Medikamenten, die das Gehirn wieder runter fahren. Man macht also allen möglichen Scheiß, den man normalerweise nicht machen würde, aber man ist nicht Schuld daran, weil man das eigentlich gar nicht mehr selbst ist, die Krankheit übernimmt in dem Moment die Kontrolle und man ist ziemlich machtlos dagegen. In der Depression ist es das Gegenteil, da werden zu wenig Hormone gebildet und man ist müde, antriebslos, traurig, hat schlechte Gefühle und Gedanken, will sich verkriechen. Das kann man genauso wenig mit dem Willen verändern, weil im Gehirn einfach ein Mangel ist, den man nicht mit Denken beheben kann. Mit Bipolar ist man eben oft drüber oder drunter, man geht in die Extreme, zu viel oder zu wenig, wo normale Menschen in der Mitte sind. Man kann es nicht steuern, man kann es nicht mit seinem Willen ändern, man kann es nur mit Medikamenten behandeln, weil das Gehirn selbst nicht mehr richtig funktioniert.
So ungefähr erklären wir es immer, aber die Erfahrung ist - entweder jemand ist bereit, sich da einen Moment lang reinzudenken und es wirklich zu verstehen, dann wird oft nachgefragt, was dann so im Einzelnen passiert etc.; oder jemand hat den Horizont oder die Empathie einfach nicht und dann ist es auch total egal, wie man es erklärt, es wird nicht angenommen oder verstanden.
Zu deiner Anmerkung bzgl. der Damen, die meinen, sie könnten das schon ab... wir Frauen neigen vielleicht etwas mehr als Männer dazu, ich sag jetzt mal etwas unscharf: die eigene Leidensfähigkeit überzubewerten und schwierige Menschen annehmen zu wollen (vielleicht weil die Natur uns so eine Fähigkeit geben musste, damit wir unsere Babies nicht an die Wand klatschen, wenn sie uns den Schlaf rauben ;)) Natürlich ist das totale Naivität, wer das noch nie mitgemacht hat kann sich ja nicht ansatzweise vorstellen, wie so was ist. Man kann vom Kopf her noch so viel wissen, man wird ja direkt emotional angegangen, egal ob in der Manie, in der Depression oder auch in den "ruhigen" Phasen dazwischen. Erklär mal wem, wie Schlafentzug wirkt - kann man sich nicht vorstellen, geht einfach nicht, fehlt einem der Erfahrungsrahmen für. Muss man erleben. Ich denke, das ist ein Stück weit das für mich typisch weibliche "ich schaff das schon" - aber natürlich fällt beim Praxistest die überwiegende Mehrheit dann durch... Ich persönlich - als Partnerin eines bipolaren Mannes - empfinde es so: Wenn ich das emotional "schaffen" will, also aus ach so großer Liebe oder romantischer Verblendung meinen Mann ertragen (so ungefähr, verstehst die Idee sicher), dann funktioniert es natürlich nicht. Nur wenn ich es ganz klar im Kopf habe und sehr rational die Krankheit als unabänderlich begreife und mich prüfe, ob ich das so in meinem Leben haben will und dann bewußt entscheide: Ja, ich bin bereit, diese Abstriche in meinem Leben hinzunehmen, dann geht es für mich. Aber ich stehe auch nicht am Anfang einer Beziehung, wir waren schon verheiratet und hatten eine Bindung aufgebaut, als die Manie durchbrach - wie man eine Beziehung unter diesen Bedingungen aufbaut, weiß ich also auch nicht.
