Seit dem ich meine depressive Episode vor 6 Jahren abeklungen ist (sie dauerte 2 Jahre), bin ich recht gleichgültig. Liegt vielleicht auch am höheren Lebensalter mit Ende 20 im Vergleich zu Anfang 20. Aber mir ist es oft egal, was andere Leute von mir denken, dass ich etwas zu spät komme, dass ich eine Formalia nicht rechzeitig erledige und dann Strafe zahlen muss.
Auch fiel es mir schwer, mich für die Uni zu motivieren. Ich bestehe zwar meist ziemlich gut, aber für viele Sachen fange ich erst auf dem letzten Drücker richtig aktiv zu werden. Vor meiner Depression war es oft das Gegenteil, ich war überkorrekt und perfektionistisch und schon weit vor Abgabetermin fertig. Allerdings hatte ich auf diese Weise auch viel Freizeit, weil ich nie etwas aufgeschoben habe.
Mir hat diese Gleichgültigkeit sehr geholfen, mein Studium mit nicht zu viel Aufwand abzuschließen und ich denke ein Stück weit auch meine Krankheit nicht wieder ausbrechen zu lassen, da ich mich ja von äußeren Dingen nicht so beeindrucken lasse. Ein Stück weit sollte ich mir diese Gleichgültigkeit auch in einer Therapie aneignen, da ich ja Panikattacken und Versagensängste hatte.
Andererseits blockiert sie mich schon seit Jahren in meiner Weiterentwicklung. Ich bin jetzt echt in einem Alter, da müsste ich mein Leben etwas besser organisieren. Ich kann nicht immer alle Formalia liegen lassen. Wenn ich Sachen früher anfange, habe ich mehr Freizeit und auch mehr Spaß dran. Ich bleibe oft unter meinen
Möglichkeiten, weil ich nicht so viel Zeit aufwende, wie ich bei guter Organisation locker könnte. Ich bin ich nicht mehr so motiviert und eben etwas gleichgültig.
Irgendwie denke ich, dass es ein Schutzmechanismus ist, den ich mir antrainiert habe. Andererseits merke ich,mein Leben zieht an mir vorbei und ich mache nicht so die Sachen, die mir wichtig sind durch diese Gleichgültigkeit und geringe Motivation. Ich bin gelangweilt von meiner Gleichgültigkeit. Früher sprühte ich vor intrinsischer Motivation und hatte eher Probleme mit Druck. Heute brauche ich Druck, um überhaupt mal in die Gänge zu kommen. Einerseits gut (ich kann mit Druck umgehen), andererseits schlecht (mir gehen zu viele Sachen zu lange am Arsch vorbei).
Wie finde ich meine Mitte? Ich habe schon überlegt, nach dem Studium einen Job anzunehmen, der mich intrinsisch anspricht und wieder 1, 2 Hobbys aufzunehmen. Ich habe die ganze Zeit nach der Depression nie wirklich regelmäßig Hobbys ausgeübt, um mich nicht zu überfordern. Eigentlich habe ich das Gefühl, ich habe alle meine Leidenschaften und Gefühle tief in mir vergraben, damit ich keine starken Gefühlsschwankungen mehr haben kann.
Kennt das jemand? Zu viel von Ist-mir-doch-egal oder leck-mich-am-Arsch-Einstellung als langfristige Spätfolge nach schwerer Depression und Therapie danach?
PS.: Ich habe im Urlaub ein altes Hobby ausgeübt und da war es mir mal endlich wieder wichtig, dass ich etwas besser machen kann, pünktlich komme usw.
7-mal bearbeitet. Zuletzt am 29.11.18 19:52.