Die Frage ist ohnehin erstmal, was man genau unter dem Wort "Folter" definiert. In Wikipedia ist es wie folgt definiert:
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Folter (auch Marter oder Tortur) ist das gezielte Zufügen von psychischem oder physischem Leid (Gewalt, Qualen, Schmerz, Angst, massive Erniedrigung) an Menschen durch andere Menschen. Die Folter wird meist als ein Mittel zu einem bestimmten Zweck eingesetzt, beispielsweise um eine Aussage, ein Geständnis, einen Widerruf oder eine Information zu erhalten oder um den Willen und den Widerstand des Folteropfers (dauerhaft) zu brechen.
Ich denke, man muss unterscheiden bei der Definition, was der Sinn und Zweck einer Handlung ist und auf der zweiten Seite, wie der Betroffene damit umgeht und dies empfindet. Folter ist es sicher nicht wie beim Militär, das man mit Gewalt Informationen aus einem Gefangenen herauspressen würde etwa, so der Klassiker, das ist bei der Psychiatrie sicher nicht der Fall.
Aber, jetzt kommt das böse "Aber": Die Person, die einer Zwangsbehandlung gegen ihren eigenen Willen ausgesetzt ist, kann solche Massnahmen wie etwa Isolierzelle, Fixierung, Zwangsernährung usw. durchaus aus subjektiven Empfinden als "Folter" verspüren.
Es kann mitunter sogar zum Paradoxon kommen, das eine lebenssichernde Massnahme wie die Zwangsernährung, die eben das Leben des Patienten sicherstellt, als Folter empfunden wird vom Patienten. Ich meine, die Ernährung ist nunmal lebenswichtig und selbst wenn einer in den Hungerstreik treten würde, könnte man ihn nicht einfach verhungern lassen, denn das wäre ja zumindest fahrlässige Tötung.
Ich hab im anderen Thema, das du zitierst, geschrieben, das ich auch meine Erfahrungen mit der Psychiatrie gemacht habe und manches als sehr, sehr negativ empfand, aber ich denke nicht das "Folter" das richtige Wort dafür ist.
Denn ich war psychotisch und musste nunmal zwangsläufig behandelt werden, da ich zu diesem Zeitpunkt auch keine Krankheitseinsicht hatte und man musste halt, auch wegen Eigengefährdung, mich zeitweise isolieren.
Damals habe ich es durchaus als Tortur, als "Folter" empfunden, aber im Nachhinein, viele viele Jahre später sehe ich ein, das diese Menschen, also das Personal dort, nicht mich schädigen und mich quälen wollten, sondern das dies notwendig war, um meinen psychotischen Zustand unter Kontrolle zu halten, mich auf ein vernünftiges Mass herunter zu bringen, damit ich überhaupt ansprechbar & zugänglich war für weitere Sachen wie Therapie und Medikamente.
Darum, das subjektive Empfinden kann vom objektiven Ablauf abweichen und ein Mensch kann so etwas durchaus als Folter verspüren und empfinden, auch wenn es de facto und de jure keine Folter ist.
Was aber Lubitz und die Vorurteile gegen Kliniken angeht: Die sind bis heut weitherum verbreitet, diese Vorurteile, das hat nichts mit Bipolarer Störung zu tun, gibt viele bis extrem viele Menschen, die sagen, sie wollen nie stationär in eine Klinik gehen. Aber gut, Kliniken und Ärzte sowie Pflegepersonal variiert auch stark, manche sind echt fähiger als andere, manche Kliniken sehen eher aus wie Gefängnisse, andere hingegen sind in schönen Grün mit Garten und Bäumen umgeben usw. da gibt es seeeehr grosse Unterschiede.
Man liest es auch im Forum, wie stark unterschiedlich die Erfahrungen mit der Psychiatrie sind, da gibt es die gesamte Bandbreite, von Menschen die es als Qual und Folter empfinden bis hin zu Menschen, die es als Befreiung empfinden und neue Kraft finden, eine Therapie zu beginnen.