Ich fange im November an, mit sechs Stunden am Tag in einer Behinderten-Werkstatt zu arbeiten. Offiziell heißt es ja seit einigen Jahren schon "Reha-Werkstatt" oder es werden ähnlich schönfärberische Bezeichnungen verwendet. Aber mir widerstrebt es, diesen neuen Begriff zu nutzen. Denn mit irgend einer Form der Rehabilitation hat es meines Erachtens nichts zu tun. Ich gehe dort hin, um etwas Geld dafür zu bekommen. Aber nicht, um für den ersten Arbeitsmarkt fit gemacht zu werden und darauf läuft es dort auch bei niemandem hinaus... Die Zahlen sprechen dabei für sich - Und selbst die, die dann raus kommen, enden als Straßenfeger o. ä. und nicht in einer erstrebenswerteren Position auf dem ersten Arbeitsmarkt. Wobei sogar die Frage erlaubt ist, ob das vorige Sein in der Behinderten-Werkstatt für diese Entwicklung ursächlich war.
Hatte diesbezüglich lange gehadert. Kam ich doch finanziell immer so über die Runden, hatte nie Probleme meinen Tag zu strukturieren und ihn mit sinnvollen Tätigkeiten zu füllen. Dem gegenüber ist der Gang in der Werkstatt für mich eher ein Rückschritt. Aber ich fühle mich mit dem bisschen Geld, dass ich dann im Monat mehr habe, einfach wohler.
Meiner Meinung nach... sollte oder darf man sich da einfach mal frei davon machen, was andere Menschen aufgrund des Berufs von einem halten mögen. Unlängst tönte eine junge Frau, die ich kenne mal, alle die in der Psychiatrie gewesen seien, hätten keine Arbeit. Ich meine sogar, was sie sagte war, dass man als Psychiatrie-Erfahrener nur andere Psychiatrie-Erfahrene kennen würde, die auch alle keine Arbeit hätten. Zwischen den Zeilen schon deutlich sagend, dass man als Mensch wohl versagt hätte, wenn man sich auf dem ersten Arbeitsmarkt etablieren konnte. Ich finde, über solchen Ansichten, die sicher nicht wenige Menschen haben, sollte man drüberstehen.
Genauso habe ich durch den Gang in die Behinderten-Werkstatt genug Geld zum Leben. Ich brauche keine Sachen, die andere Menschen sich leisten können, nur weil diese sie sich leisten können und ich dann mit diesen gleichziehen müsste. Einen Sinn und eine Aufgabe zu haben, gibt mir viel mehr als irgendwelches Prestigezeug, mit dem ich mich behängen oder mittels dessen ich anderen anzeigen könnte, dass ich selbst es "geschafft" hätte.
Einen Sinn zum Leben geben mir auch weiterhin die Tätigkeiten, die ich außerhalb der Werkstatt in meiner Freizeit tue. Meine Betreuerin, mein Psychiater und auch mancher Bekannter finden, es gäbe mir einen Sinn, in die Werkstatt zu gehen. Mancherorts höre ich auch von Betroffenen und anderen, dass sei ja "besser als gar nichts zu machen". Für manch anderen "Rehabilitanden" (wie die Klienten der Behinderten-Werkstatt auch gennannt werden) mag das so sein und gelten können. Und Menschen, die es so sehen können, will ich es auch nicht madig machen. Bei mir hatte die Entscheidung - wie gesagt - rein finanzielle Motive.